Lebensqualität
Nach der Diagnose können Menschen mit Demenz eine gute Lebensqualität haben. Dank guter Palliation ist dies auch im späten Stadium der Krankheit möglich.
Für den Begriff Lebensqualität gibt es keine einheitliche Definition seiner Dimensionen und Aspekte. Meistens versteht man darunter den Grad an Glück und Zufriedenheit einer Person oder einer Gruppe von Menschen.
Die subjektive Wahrnehmung des Wohlbefindens hängt unter anderem vom materiellen Lebensstandard und vom sogenannten immateriellen Wohlstand ab, also von Bildung und Berufschancen, sozialem Status und Beziehungen, Selbstbestimmung und Freiheit, sowie der körperlichen und psychischen Gesundheit.
Das Wort Lebensqualität ist in der Öffentlichkeit seit Mitte des 20. Jahrhunderts geläufig und wurde zunächst vor allem von Politikern benutzt. Sie bezogen sich aber nicht auf die individuell erlebte Dimension von Lebensqualität, sondern auf objektive Faktoren wie Wohnen, Infrastruktur oder Arbeitszeit. Was genau mit Lebensqualität gemeint ist, bleibt aber weiterhin offen und Gegenstand von Diskussionen.
Oftmals wird dabei betont, dass Lebensqualität weniger die objektive Verfügbarkeit von materiellen und immateriellen Dingen umfasst, sondern den Grad, mit dem ein vom Einzelnen erwünschter Zustand an körperlichem, psychischem und sozialem Befinden wirklich erreicht wird.
Auch die verbreitete Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezieht die subjektiven Aspekte des Begriffs mit ein: «Lebensqualität ist die subjektive Wahrnehmung einer Person über ihre Stellung im Leben in Relation zur Kultur und den Wertsystemen, in denen sie lebt und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen.»
Gesundheitsbezogene Lebensqualität
Gesundheitsbezogene Lebensqualität beschreibt, wie sich der Gesundheitszustand auf das Befinden eines Menschen auswirkt, sowohl körperlich als auch seelisch, geistig und sozial. In der Medizin spielt die Lebensqualität der Patienten eine immer wichtigere Rolle, ihre Berücksichtigung ist eine sinnvolle Ergänzung zur üblichen fachlichen Beschränkung auf körperliche Befunde. Auch bei der Versorgung von unheilbar Kranken ist Lebensqualität eine positive Alternative zu der heilenden, lebensverlängernden Behandlung.
Auch die WHO betrachtet Lebensqualität als übergeordnetes Ziel der Gesundheitsförderung, dies ist insbesondere angesichts der alternden Bevölkerung und der Zunahme chronischer Erkrankungen von grossem Interesse in der Medizin und der Pflege. Das Primat des Erhalts oder der Steigerung der Lebensqualität steht auch im Mittelpunkt der palliativen Versorgung von Patienten im im letzten Stadium einer Krankheit. Dabei sind alle Massnahmen und Handlungen darauf abgestimmt, was dem Patienten gut tut, was er möchte und was ihn unterstützen kann.
Um diesen individuellen Anforderungen gerecht zu werden, kümmern sich interdisziplinäre Teams aus Ärzten, Pflegekräften, speziellen Therapeuten, Sozialarbeitern und Seelsorgern um den Patienten. Während des Krankheitsverlaufs bis hin zum Tod hilft Palliative Care auch den Angehörigen bei der Verarbeitung von seelischen und sozialen Problemen.
Lebensqualität von Menschen mit Demenz
Entgegen der verbreiteten Meinung können auch demenziell Erkrankte sich wohlfühlen und ein gutes Leben führen. Sie sind in allen Stadien der Demenz in der Lage, eine bestmögliche Lebensqualität im Sinne von positiven Emotionen zu erleben, sofern sie in einem Umfeld leben, das ihnen Selbstbestimmung, Zuwendung und Geborgenheit bietet.
Dabei kommt es neben der Linderung von belastenden Symptomen darauf an, die Betroffenen als Menschen und Persönlichkeiten ernst zu nehmen, ihre Emotionen wahrzunehmen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Die Pflegenden und Betreuenden können die Lebensqualität der Betroffenen unter anderem erhalten und verbessern, wenn sie ihm dabei helfen, selbstbestimmt über Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken zu bestimmen und weitgehende Bewegungsfreiheit ermöglichen.
Dazu gehört auch dafür zu sorgen, dass die Patienten keine Schmerzen haben und in jeder Situation ihre Würde wahren können. Es geht darum, die individuelle Lebenssituation von Menschen mit Demenz in jeder Phase positiv an ihrem Wohlbefinden auszurichten und nach menschlichem Mass zu gestalten.
In der ersten Krankheitsphase ist es für die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen wichtig, durch eine frühzeitige Diagnose Klarheit zu schaffen. Dadurch können die Betroffenen rechtzeitig Strategien für ein möglichst selbstbestimmtes Leben entwickeln. Auch der offene Umgang mit der Diagnose trägt zum besseren Verständnis der Angehörigen und des sozialen Umfelds bei.
Bereits in diesem Krankheitsstadium sollten die Erkrankten ebenso wie ihre Angehörigen Hilfsangebote prüfen und annehmen oder sich mit anderen Betroffenen vernetzen. Das Gefühl, mit ihren Sorgen und Nöten nicht alleine gelassen zu werden, kann die Lebensqualität aller Beteiligten nach der Diagnose entscheidend verbessern.
Je weiter die Erkrankung dann fortschreitet, desto mehr sind die Erkrankten auf Unterstützung durch Dritte angewiesen. Diese tragen die Verantwortung dafür, dass die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen erkannt und sie in der Erhaltung ihrer Lebensqualität unterstützt werden.
Mit fortschreitender Erkrankung fällt es Menschen mit Demenz immer schwerer, ihre Schmerzen, Ängste oder Bedürfnisse zu benennen. Deshalb müssen die Betreuenden besonders achtsam sein und die Patienten anhand ihrer nonverbalen Kommunikation verstehen.
Umso wichtiger ist es, von Anfang an eine Beziehung zu den Betroffenen aufzubauen und ihnen zu vermitteln, dass sie ernst genommen werden. Selbst im letzten Stadium der Demenz bleiben die Erkrankten empfindsame Personen mit einem Anspruch auf Begegnungen und Handlungen, die ihr psychisches, physisches und soziales Wohlbefinden, kurz ihre Lebensqualität fördern.
Lebensqualität der Angehörigen
Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz gehen auf Kosten ihrer Lebensqualität oft weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus. Viele befinden sich in einem ständigen Wechselbad der Gefühle, sie fühlen sich stark und schwach zugleich, fühlen gleichzeitig Zuneigung und Abneigung gegenüber den Betroffenen, schwanken zwischen Pflichtbewusstsein und dem Wunsch nach Freiheit.
Dazu kann kommen, dass ihr Umfeld sie nur noch als pflegenden Angehörigen betrachten und ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht mehr wahrnehmen. Dabei sind gerade die Angehörigen auf einfühlsame Gesprächspartner angewiesen, denn die Empathie ihrer Partner schwindet oft schon im frühen Krankheitsverlauf. Umso wichtiger ist, dass pflegende Angehörige auf ihre Bedürfnisse achten, ihre Sozialkontakte so weit wie möglich pflegen und weiterhin ein eigenes Leben führen.
Auch der Austausch in Angehörigen- und Selbsthilfegruppen hilft, die eigene Lebensqualität zu verbessern. Dort können sie mit anderen Menschen über ihre Ängste und Sorgen reden und sich gegenseitig Unterstützung und Anregungen geben. Auch kann es sehr entlastend sein, wenn sich die Angehörigen bei der Betreuung der demenziell Erkrankten zumindest zeitweise externe Hilfe holen.
Links und Literatur
➔ Alzheimer Schweiz, Leben mit Demenz, Tipps für Angehörige und Betreuende
➔ Hier gibt es Einblicke in die Arbeit von Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige
Entdecke unsere weiteren Plattformen:
demenzworld
Alles für das Leben mit Demenz: Verschaffe dir einen Überblick über die demenzworld und entdecke unser demenznavi.
demenzjournal
Interviews, Reportagen, Blogs und mehr: demenzjournal versorgt dich seit 2016 crossmedial mit Demenzwissen.
demenzmeets
Triff Angehörige, Betroffene und Fachpersonen zu einem Austausch auf Augenhöhe und verbringe »leichte Stunden zu einem schweren Thema«.
demenzforum
Tausche dich in unserem sicheren Online-Forum vertrauensvoll zum Alltag mit Demenz aus und erhalte rasch Antworten.