Kommunikation

Menschen mit Demenz verlieren nach und nach ihre Sprache. Die Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu kommen, bleibt aber bis zum Schluss erhalten.

Das Wort Kommunikation hat seinen Ursprung in der lateinischen Sprache. Hier findet es seine Wurzeln im Substantiv «communicatio» für «Mitteilung», im Verb «communicare» für «teilhaben» sowie im Adjektiv «communis» für «gemeinsam». 

Mittels Kommunikation drücken wir aus, wer wir sind, was wir wollen oder nicht wollen, woher wir kommen und was wir fühlen. Aktuell sind weltweit rund 6000 Sprachen bekannt. Wir tendieren dazu, die verbale (gesprochene) Sprache zu überschätzen und vergessen dabei, dass der Mensch nach wie vor mehrheitlich nonverbal (nicht gesprochen) und paraverbal (emotionaler Teil der Sprache mit Tonfall, Rhythmik, Lautstärke usw.) kommuniziert. 

Kommunikation findet auf drei Ebenen statt 

  • Am augenfälligsten ist die verbale Ebene: also all das, was wir sprechen. 
  • Ergänzt wird sie durch die paraverbale Ebene: Das ist die Art, wie wir sprechen, also zum Beispiel Tonfall, Stimmlage oder Lautstärke. 
  • Ein weiterer Teil unserer Kommunikation ist nonverbal: Der Begriff bezieht sich auf die gesamte Körpersprache inklusive Mimik und Gestik. Alle drei Ebenen wirken zusammen und sind dabei nicht immer übereinstimmend. 

Ein Beispiel: Wenn ich meinem Gegenüber sage «Ist nicht schlimm, dass Sie Ihren Tee verschüttet haben, Herr Müller», meine Stimme dabei hektisch klingt (paraverbal) und ich gleichzeitig den Kopf verneinend bewege (nonverbal), dann wirken meine Worte vielleicht positiv, meine Stimmlage und Körpersprache stimmen aber nicht überein

Zudem ist auf der verbalen Ebene ein Fallstrick eingebaut: das Wort «nicht», und Negationen werden leicht überhört. Was übrig bleibt, ist das Wort «schlimm». Besser wäre die Kommunikation wie folgt gelaufen: «Es ist in Ordnung, dass Sie Ihren Tee verschüttet haben, Herr Müller», kombiniert mit ruhiger Kopfhaltung und einem Lächeln.

Menschen mit Demenz suchen den Austausch

Ob verbal, paraverbal oder nonverbal: Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen und sucht mit Hilfe seiner Kommunikationsfähigkeit den Kontakt zu anderen. Wir können »nicht nicht kommunizieren«, sagt der Kommunikationswissenschaftler und Psychologe Paul Watzlawick. Auch Menschen mit Demenz suchen diesen Austausch. Allerdings wissen wir oft nicht, auf welche Weise sie ihre Umwelt wahrnehmen, wie sie das Miteinander erleben und was sie verstehen. 

Mit dem Fortschritt der Erkrankung verändert sich die Sprachwahrnehmung. Der Wortschatz schwindet und ebenso die Fähigkeit, passende Begriffe zu finden. Um dennoch in Kontakt zu bleiben, müssen die Mitmenschen ihre Kommunikation anpassen. Friederike Leuthe, Leiterin des Bodelschwingh-Hauses in Erlangen, sagt dazu: »Wie in vielen anderen Bereichen des Alltags braucht der Mensch mit Demenz auch verbal unsere Hilfestellung«.

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Tipps zur Kommunikation mit Menschen mit Demenz

Grundsätzlich gilt für jede Art der Kommunikation: Sie gelingt, wenn wir dem anderen mit Wertschätzung und Freundlichkeit begegnen. Doch damit alleine ist es nicht getan im Kontakt mit Menschen mit Demenz. Man kann sehr freundlich sehr komplexe Sätze sprechen, das Ergebnis ist dann wahrscheinlich nicht das Gewünschte. Folgende praktischen Tipps für die verbale Kommunikation haben sich bewährt:

  • Kurze Sätze mit wenigen Worten sind leichter verständlich als lange Sätze und komplexe Sprache.
  • Fragen sollten nicht zu sehr ins Detail gehen, das verunsichert. Vor allem die Warum-Frage erzeugt leicht Widerstand, weil das Gegenüber sich dadurch angegriffen fühlen könnte.
  • Handlungen in der Ich-Form kommunizieren, zum Beispiel: «Ich bringe dir jetzt dein Mittagessen.» 
  • Verneinungen verwirren. Sie positiv umformulieren, macht Kommunikation leichter. Beispiel: »Heute regnet es. Wir bleiben deshalb zu Hause» ist verständlicher als »Heute regnet es. Deshalb gehen wir heute nicht spazieren.»
  • Wenn Pronomen (er, sie, es) nicht mehr verstanden werden, hilft es, das Subjekt zu wiederholen. Zum Beispiel: «Der Arzt sagt, wir sollen noch warten. Der Arzt hat noch einen anderen Patienten.»
  • Am besten verstanden wird eine ruhige und langsame Sprechweise. Je tiefer die Stimmlage, desto angenehmer. 
  • Auf Spracheigenheiten wie Dialekt eingehen
  • Ein Mensch mit Demenz braucht manchmal länger, um zu antworten. Lassen Sie ihm diese Zeit
  • Wer sein Gegenüber aktivieren will, bleibt am besten im grammatikalischen Aktiv und vermeidet wo möglich das Passiv. «Du kannst jetzt baden, Erich. Die Badewanne ist jetzt voll, das Wasser ist schön warm. Schau, hier ist dein Handtuch. Ich bin da und helfe dir.»
  • Hilfreich sind Wörter mit Signalcharakter, denn sie fördern die Konzentration auf das Hier und Jetzt. Dazu zählen neben dem Eigennamen die Worte «jetzt», «hier», «hin», «in», «auf», «so», «also». 
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Logopädie und nonverbale Kommunikation nutzen

In dem dem Mass, in dem Wortfindungsschwierigkeiten auftreten, wird die Kommunikation mit Demenzkranken schwieriger. Eine logopädische Begleitung kann Betroffene unterstützen, indem sie Strategien in Gesprächen unter erschwerten Bedingungen ermöglicht. Auch Lesen und Schreiben, sogar die Nutzung digitaler Medien können auf einem angepassten Niveau lange aufrechterhalten werden. Noch sind logopädische Angebote für Menschen mit Demenz wenig verbreitet.

Was bleibt, auch wenn die Sprache schwindet, ist die nonverbale Kommunikation. Selbst Menschen, die körperlich kaum mehr beweglich sind und ihre Sprache verloren haben, haben noch vieles zu erzählen. Die 44 Muskeln im menschlichen Gesicht können mehr als 10.000 Gefühle ausdrücken. Der amerikanische Psychologe Paul Ekman, bekannt für seine Forschungen zur nonverbalen Kommunikation, unterscheidet sieben Grundemotionen, die kulturübergreifend sind: Freude, Trauer, Wut, Angst, Ekel, Überraschung und Verachtung. 

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Diese Emotionen zeigen sich meist in Mikroexpressionen, in flüchtigen Gesichtsausdrücke, die nur für einen Bruchteil einer Sekunde sichtbar sind. Wenn zum Beispiel die beiden inneren Augenbrauen nach oben gehen – das sieht aus wie ein kleiner Schornstein – , ist das ein Zeichen von Trauer. Wenn jemand die Nase kräuselt, bedeutet das meist Ekel. Ist das untere Lid angespannt, kann das Angst, aber auch Ärger ausdrücken. Allerdings lässt sich Mimik nicht immer zweifelsfrei deuten. Bei Menschen mit Demenz ist die Herausforderung besonders gross: Das, was jemand sagt, und das, was er im Gesicht zeigt, ist manchmal nicht kongruent.

Svenja Sachweh, Kommunikationstrainerin für Pflege und Betreuung aus Bochum, sagt zur Kommunikation mit Menschen im fortgeschrittenen Krankheitsstadium Folgendes: 

Die Kommunikation kann dann gelingen, wenn wir bereit sind, auch unsere eigene Körpersprache immer wieder sorgfältig zu beobachten und zu überprüfen. Wichtig ist vor allem, den Klang der eigenen Stimme zu kontrollieren und die eigene Geschwindigkeit erheblich zu reduzieren. Darüber hinaus sollten wir uns angewöhnen, alles, was wir sagen, gestisch und pantomimisch zu untermalen. Und wenn es mit der verbalen Verständigung gar nicht mehr klappt, hilft nur eines: winken, Lachen, Faxen machen … denn diese nonverbalen Kontaktformen verstehen und geniessen sie in der Regel.

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> John Killick, Clair Craig, Kreativität und Kommunikation bei Menschen mit Demenz, Hogrefe

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> Hier geht’s zum Demenz-Podcast «Kommunikation mit Menschen mit Demenz»

> Maggei Ellis, Arlene Astell, Nonverbale Kommunikation mit demenzkranken Menschen, Hogrefe

> Sandra Mantz, Pflegegespräche richtig führen, Duden Verlag, 2019

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