Medizin

Demenz gehört zu den grossen Herausforderungen der Medizin. Trotz intensiver Forschung sind weder die Ursachen geklärt, noch gibt es wirksame Therapien.

Aus medizinischer Sicht ist die Demenz keine eigenständige Krankheit, sondern ein Syndrom mit bestimmten Symptomen, die unterschiedliche Ursachen haben können. Die Medizin unterscheidet inzwischen mehr als 50 solcher Krankheitsformen, am häufigsten ist die Alzheimer-Demenz (60 bis 65 Prozent), gefolgt von der vaskulären Demenz, der Lewy-Körperchen-Demenz und der Frontotemporalen Demenz. 

Die meisten demenziellen Erkrankungen werden als primäre Demenzen bezeichnet und gehen mit irreversiblen neurodegenerativen Veränderungen des Gehirns einher. Dabei sterben Nervenzellen sukzessive ab, und neuronale Verbindungen zwischen den Zellen gehen verloren.

Demenzformen

Demenzformen

Demenz ist ein Überbegriff für chronische Gehirnerkrankungen. Sie beeinträchtigen vor allem das Gedächtnis und führen zum Verlust der Selbständigkeit. weiterlesen

Davon werden werden die eher seltenen sekundären Demenzen unterschieden, die als Folgen anderer Erkrankungen auftreten, etwa Stoffwechselkrankheiten, Hirntumore oder Depressionen. Bei diesen Demenzformen ist eine Heilung mitunter möglich.

Geschichte

Ende des 16. Jahrhunderts erstellte der Baseler Medizinprofessor Felix Platter eine Systematik der Geistesstörungen, in der die Demenz als Gedächtnisverlust von älteren Menschen erwähnt wird. Etwa 50 Jahre später beschrieb der französische Philosoph Denis Diderot Demenz als Paralyse des Geistes, welche die Denkfähigkeit dauerhaft auslöscht.

Um 1800 grenzte der französische PsychiaterPhilippe Pinel die «démence sénile» erstmals klar von angeborenen geistigen Behinderungen ab – als ein Leiden von älteren Menschen, die allmählich ihre kognitiven Fähigkeiten einbüssen. 

Geschichte

Geschichte

Jahrhundertelang interessierten sich Mediziner und Öffentlichkeit kaum für Demenz. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts änderte sich dies. weiterlesen

Weil Menschen mit Demenz als «hoffnungslose Fälle» galten, war das Interesse der Medizin an der Erforschung der Krankheit gering. Einer der wenigen Mediziner, die sich dieser Aufgabe Anfang des 20. Jahrhunderts intensiv widmeten, war der Nervenarzt und Neuropathologe Alois Alzheimer

Als eine seiner Patientinnen 1906 starb, untersuchte er Proben ihres Gehirns unterm Mikroskop und diagnostizierte abgestorbene Nervenzellen mit faserigen Strukturen (Fibrillenbündel) und Ablagerungen zwischen den Zellen (Plaques). 

Doch seine Forschungsergebnisse fanden in medizinischen Fachkreisen kaum Beachtung, weil der so genannte «Altersblödsinn» nicht als organisches, sondern seelisches Leiden galt. Erst in den 1970er-Jahren nahm die Medizin Alzheimers Erkenntnisse wieder auf, denn damals wurde deutlich, dass mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung die Zahl der demenziell Erkrankten signifikant anstieg. 

Alzheimer

Alzheimer

Eine Alzheimer-Demenz führt zum Abbau von Nervenzellen im Gehirn. Funktionen wie Gedächtnis, Sprache und Orientierung gehen nach und nach verloren. … weiterlesen

1980 wurde der Begriff Alzheimer-Demenz in die führenden medizinischen Diagnoseschemata aufgenommen und als primäre degenerative Demenz klassifiziert. Damit wurde erstmals ein gesundheitsrechtlicher Anspruch auf Hilfeleistungen für die Betroffenen etabliert, und immer mehr Forscher beschäftigten sich mit den Ursachen für demenzielle Erkrankungen. Trotz aller Fortschritte bei der Erforschung der Demenz sind ihre Ursachen und Mechanismen bis heute medizinisch nicht geklärt. 

Diagnose und Therapie

Die moderne Medizin hat ein komplexes Diagnostik-System entwickelt, das von einfachen Gedächtnistests über Laboruntersuchungen bis hin zu Computertomographie und Gentests reicht. Die Aussagekraft der kognitiven Tests ist allerdings beschränkt, und sie eignen sich auch nicht, um die verschiedenen Demenzformen voneinander abzugrenzen.

Dabei können bildgebende Untersuchungen des Gehirns helfen, mit denen etwa Alzheimer von vaskulären Demenzen unterschieden und behandelbare Krankheitsursachen wie Tumore ausgeschlossen werden können. 

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Wenn der Verdacht zur Gewissheit wird

In den 61 Memory-Kliniken der Schweiz werden Menschen auf Demenz untersucht – und erhalten mehrheitlich diese unheilbare Krankheit diagnostiziert. alzheimer.ch besuchte … weiterlesen

Die eindeutige Demenz-Diagnose kann aber schwierig sein, weil es Mischformen der Krankheit gibt, etwa von Alzheimer und vaskulärer Demenz. Nicht selten bleiben demenzielle Erkrankungen unerkannt oder die richtige Diagnose erfolgt erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium. Dabei kann eine frühzeitige Diagnose die Behandlung und Versorgung der Betroffenen wesentlich verbessern. 

Bei vaskulärer Demenz kann das Fortschreiten der Gefässschäden verzögert werden, etwa durch blutdrucksenkende Mittel oder Lipidsenker bei erhöhten Blutfettwerten. Daneben gibt es eine Vielzahl von wirkungsvollen nicht-medikamentösen Therapien, etwa kognitives Training, Ergotherapie, Biographiearbeit oder Musiktherapie.

Quelle YouTube

Zwar gibt es noch keine Therapie, die den Krankheitsverlauf dauerhaft stoppen kann, doch das Fortschreiten der Symptome lässt sich mit Medikamenten und anderen Behandlungsmassnahmen verzögern. Antidementiva wie Acetylcholinesterasehemmer und der Glutamat-Antagonist Memantin kommen vor allem bei der Alzheimer-Krankheit zum Einsatz, allerdings können diese Medikamente starke Nebenwirkungen haben. 

Risikofaktoren und Prävention

Nach aktuellem medizinischem Stand gibt es viele Risikofaktoren für eine demenzielle Erkrankung, die vermieden oder reduziert werden können, etwa Übergewicht, Bluthochdruck, Altersdiabetes, Stress oder Depressionen. Auch körperliche und geistige Aktivitäten sowie das Pflegen von Sozialkontakten können einen vorbeugenden Effekt gegen demenzielle Erkrankungen haben. Eindeutige medizinische Erkenntnisse zu präventiven Massnahmen gegen Demenz existieren aber trotz vieler Forschungsarbeiten noch nicht.

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➔ Hier gibt es ausführliche Informationen zu den medizinischen Grundlagen von demenziellen Erkrankungen

➔ Irene Bopp-Kistler (Hrsg.), Demenz. Fakten – Geschichten – Perspektiven, Rüffer & Rub, 2016

➔ Hans Förstl, Demenzen in Theorie und Praxis, Springer Berlin, 2011

➔ Juliane Falk, Basiswissen Demenz, Beltz Juventa 2015

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