Anhänglichkeit

Auf der Suche nach Sicherheit klammern sich manche Menschen mit Demenz an ihre Betreuenden. Der Umgang damit fällt dir leichter, wenn du dies als Vertrauensbeweis wertest und gewisse Regeln beachtest.

Die Bindung an Mitmenschen ist ein emotionales Grundbedürfnis. Besonders gut ist dieses Bedürfnis bei Kleinkindern zu beobachten. Bei einer tatsächlich vorhandenen oder subjektiv empfundenen Gefahr, etwa einer fremden Umgebung oder Schmerzen, klammern sie sich an ihre Bezugsperson und suchen Schutz und Beruhigung. Das Verlangen nach Sicherheit und Linderung zeigt sich auch im Verhalten von Menschen mit Demenz, die sich an einen Angehörigen oder Pflegenden klammern, ihm ständig hinterherlaufen und keinesfalls allein sein wollen. Dieses Verhalten wird mitunter von dauerndem Reden und Fragen begleitet, oder vom ständigen Imitieren der Bezugsperson.

Die Anhänglichkeit tritt meistens im mittleren Stadium einer demenziellen Erkrankung auf, zu einer Zeit also, in der die Betroffenen ihre Wünsche, Gefühle und Ängste kaum mehr in Worten ausdrücken können. Sie verstehen auch nicht mehr, warum ihre vertraute Bezugsperson sie nur für kurze Zeit allein lässt, etwa um zur Toilette zu gehen oder anderen Patienten beim Duschen zu helfen. Durch ihr gestörtes Zeitgefühl können sie die tatsächliche Dauer des Alleinseins auch nicht mehr realistisch abschätzen. Wird das Verlangen der Betroffenen nach Nähe abgewiesen, verstärkt das ihre Verunsicherung und ihre Anhänglichkeit.

Reflektiere deine eigenen Gefühle!

Es ist nachvollziehbar, dass Angehörige und Pflegekräfte nervlich darunter leiden, wenn ein Mensch mit Demenz ihnen ständig hinterherläuft. Doch im Umgang mit diesem Verhalten gilt es, die eigenen negativen Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Das kann gelingen, wenn Bezugspersonen die Anhänglichkeit des zu Betreuenden als Zeichen des Vertrauens wertschätzen lernen. 

Hilfreich ist auch, auf das Bedürfnis nach Nähe liebevoll einzugehen, etwa die Hand zu halten, sie anzulächeln oder sie zu streicheln, falls dies als wohltuend empfunden wird. Alle Gesten, Berührungen und Worte, die Nähe, Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, wirken unterstützend. Auch Ablenkung kann das anhängliche Verhalten mildern, etwa indem man den Patienten mit einfachen Aufgaben beschäftigt, die ihm Freude machen. 

Was du im Umgang mit anhänglichen Menschen mit Demenz beachten solltest

  • Schaffe Sicherheit: Stelle sicher, dass die Person sich sicher und geschützt fühlt. Schaffe eine vertraute Umgebung, indem du sie in bekannte Räume führst und mit vertrauten Gegenständen umgibst.
  • Körperliche Berührung: Berührungen wie Händehalten, Streicheln oder Umarmungen bieten Sicherheit und Trost . Achte jedoch darauf, dass die Person körperliche Berührungen akzeptiert und sich dadurch nicht bedrängt fühlt. Respektiere ihre Grenzen.
  • Zeige Verständnis: Du sollst verstehen, dass die Anhänglichkeit ein Symptom der Erkrankung ist. Es ist bedrohlich, wenn man wegen einer Demenz die Orientierung verliert und seine Liebsten nicht mehr erkennt. Menschen mit Demenz suchen daher Sicherheit und Nähe.
  • Bewahre die Ruhe: Bleibe ruhig und gelassen, auch wenn die anhängliche Person immer die gleichen Fragen stellt oder dich wiederholt umarmen will. Vermeide es, dich gestresst oder frustriert zu zeigen, da dies die Situation verschlimmern könnte.
  • Biete Ablenkung: Lenke die Person mit Aktivitäten ab, die sie gerne mag. Du kannst Musik laufen lassen, mit ihr Singen, Malen oder spazieren gehen. Dies kann beruhigend wirken und das Bedürfnis nach Anhänglichkeit verringern.
  • Passe die Kommunikation an: Verwende einfache und klare Sprache, um dich verständlich zu machen. Sprich langsam und deutlich, und gib der Person ausreichend Zeit, um zu antworten oder zu reagieren. Nonverbale Kommunikation wie Lächeln, Augenkontakt und Körpersprache kann ebenfalls helfen.
  • Lasse dich unterstützen: Wenn du dich überfordert fühlst oder Hilfe benötigst, zögere nicht, Unterstützung zu suchen. Besprich deine Probleme mit deiner Familie, mit Freunden und Nachbarn, vielleicht können Sie dich entlasten. Sprich aber auch mit Pflegekräften, Ärzten oder Demenz-Spezialisten, die weitere Anleitungen geben können.
  • Bedenke dabei immer: Jeder Mensch mit Demenz ist einzigartig, daher ist es wichtig, individuell auf ihre Bedürfnisse einzugehen und den Umgang entsprechend anzupassen.
  • Hole dir neues Wissen: Methoden wie Validation, Basale Stimulation, Kinästethik, personzentrieter Ansatz usw. wurden speziell zum Umgang mit Menschen mit Demenz entwickelt. Hole dir Wissen dazu, zum Beispiel mit den Beiträgen auf demenzwiki und/oder Literatur.
Basale Stimulation

Mit der Basalen Stimulation erreichen wir Menschen, deren Bewegungsfähigkeit, Wahrnehmung und Kommunikation beeinträchtigt sind. Basale Stimulation regt Menschen mit Demenz … weiterlesen

Links und Literatur zu Anhänglichkeit bei Demenz

> Tom Kitwood, Demenz – der person-zentrierte Ansatz im Umgang mit verwirrten Menschen, Hogrefe Verlag, 2019  

> Daniela Flemming – Praktische Validation erfolgreich anwenden, Conte Verlag, 2018

> Michael Schmieder und Uschi Entenmann: «Dement, aber nicht bescheuert» Ullstein Verlag, 2015

> Hier geht’s zur Website Validation Schweiz mit ihren Kursangeboten

Validation

Validation ist eine Haltung und Kommunikationsform im Umgang mit Menschen mit Demenz. Wer validiert, »geht in den Schuhen des anderen«, … weiterlesen

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