Patientenverfügung

Falls jemand nicht mehr selbst entscheiden kann, bestimmt die Patientenverfügung über seine Behandlung. Bei Menschen mit Demenz ist dies nicht so einfach, wie es scheint.

Laut Gesetz hat jeder einwilligungsfähige Volljährige das Recht, eine Patientenverfügung zu verfassen. Sie bezieht sich auf ärztliche Heileingriffe und betrifft oft lebenserhaltende Massnahmen. Dazu gehören zum Beispiel künstliche Ernährung und Beatmung, Wiederbelebung, Dialyse, Bluttransfusionen sowie die Gabe von Antibiotika oder Psychopharmaka.

Für Ärzte und das Behandlungsteam ist der erklärte Patientenwillen bindend, bei Missachtung können sie sich strafbar machen. Die Patientenverfügung kann von ihrem Verfasser jederzeit formlos widerrufen werden. 

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Bei der Festlegung ist es wichtig, möglichst konkret zu beschreiben, bei welchen Krankheitszuständen – etwa gravierende Hirnschädigungen oder Koma – er gelten soll und welche Eingriffe dann gewünscht oder abgelehnt werden. Sind die Formulierungen zu unpräzise, müssen sich Ärzte oder betreuende Angehörige nicht an die Verfügung halten.

Deshalb empfiehlt es sich grundsätzlich, im Vorfeld den Rat eines Arztes einzuholen. Hilfreich bei der Formulierung sind auch vorgefertigte Textbausteine, die sich je nach persönlichen Vorstellungen kombinieren und anpassen lassen.

Bei der Entscheidung für eine Patientenvollmacht ist es sinnvoll, eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung für Angehörige oder andere Vertrauenspersonen zu verfassen. Denn nur dann ist diese Person berechtigt, der Patientenverfügung bei Entscheidungsunfähigkeit des Patienten im Ernstfall Geltung zu verschaffen, etwa wenn es Auslegungsprobleme bezüglich des Patientenwillens gibt oder die konkrete Situation nicht genau der in der Verfügung beschriebenen entspricht. 

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➔ Hier gibt es ausführliche Informationen zur Patientenverfügung von Caritas Deutschland

Für solche Fälle kann es auch hilfreich sein, persönliche Wertvorstellungen, Einstellungen zum Sterben oder religiöse Anschauungen ergänzend in die Patientenverfügung aufzunehmen. Ausserdem wird empfohlen, die Verfügung in Zeitabständen zu prüfen und gegebenenfalls zu konkretisieren oder abzuändern. Wichtig ist auch, eine Kopie der Patientenversicherung beim Hausarzt, einem Angehörigen oder einer Pflegeeinrichtung zu hinterlegen und Hinweise darauf mit sich zu führen.

➔ Hier geht es zu einer ausführlichen Broschüre des deutschen Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zur Patientenverfügung mit Formulierungsvorschlägen und zahlreichen anderen Tipps.

Die genauen Bestimmungen zu Form und Inhalten der Patientenverfügung richten sich nach der nationalen Rechtsordnung und unterscheiden sich im deutschsprachigen Raum in einigen Aspekten.

Schweiz

In der Schweiz ist die rechtliche Verbindlichkeit der Patientenverfügung seit 2013 im Erwachsenenschutzrecht geregelt. Der Gesetzgeber verlangt, dass alle Angaben in der Patientenverfügung auf dem neuesten Stand sind, deshalb muss sie alle zwei Jahre aktualisiert werden. Ausserdem können die Bevollmächtigten eine Überprüfung der Verfügung durch die Erwachsenenschutzbehörde veranlassen, die dann entscheidet, ob sie befolgt wird. 

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Anders als in Deutschland oder Österreich müssen sich Ärzte also erst nach dieser Überprüfung an die Patientenverfügung halten. Allerdings sind Spitäler verpflichtet, beim Eintritt eines Patienten nach der Patientenverfügung zu fragen. In welcher Form die Verfügung verfasst wird, unterliegt keinen strengen Vorschriften, eine beglaubigte Unterschrift ist nicht nötig. Musterformulare für die Patientenverfügung können bei zahlreichen Organisationen bezogen werden, etwa bei Pro Senectute oder der FMH. 

➔ Hier gibt’s den benutzerfreundlichen Docupass von Pro Senectute mit allen Vorsorgedokumenten

➔ Hier geht es zu einem Musterformular der Ärzteorganisation FMH

Österreich

In Österreich gibt es zwei Arten der Patientenverfügung: Die verbindliche Verfügung unterliegt strengen Formvorschriften. Voraussetzungen dafür sind die ärztliche Aufklärung und die rechtliche Beratung durch einen Anwalt oder Notar. Die so genannte beachtliche Verfügung dagegen muss diese Formalien nicht erfüllen, gilt aber für den Arzt lediglich als Anhaltspunkt für die Ermittlung des mutmasslichen Patientenwillens.

Ausserdem ist die Gültigkeit der Patientenverfügung generell auf acht Jahre begrenzt, danach muss sie wiederum mit ärztlicher und rechtlicher Beratung erneuert werden. Sollte der Verfasser nach Ablauf dieser Frist nicht mehr entscheidungsfähig sein, behält die Patientenverfügung dennoch ihre Verbindlichkeit. 

➔ Hier geht es zu Informationen der österreichischen Regierung mit weiterführenden Links und Formularen

➔ Hier gibt’s Informationen und Formulare von Hospiz Österreich

Patientenverfügung und Demenz

In der ärztlichen und pflegerischen Praxis ist die Bestimmung des Patientenwillens von Menschen mit Demenz manchmal problematisch. Unabhängig davon, ob eine Patientenverfügung vorliegt oder nicht, sollte der aktuelle Willen des Patienten bei einer medizinischen Behandlung Vorrang haben. Die Frage, ob dieser mutmasslich aktuelle Wille dem entspricht, was der Betroffene vor seiner Erkrankung festgelegt oder gewünscht hat, ist schwierig zu beantworten. 

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Sollten ihm etwa Beruhigungsmittel verweigert werden, weil er als Gesunder die Schulmedizin ablehnte, obwohl diese Mittel seine Lebensqualität erhöhen würden? Oder soll die in einer Patientenverfügung befürwortete künstliche Ernährung zum Einsatz kommen, obwohl sich der Patient verbal oder durch Körpersprache dagegen wehrt?

Solche Fälle erfordern bei Ärzten, Pflegekräften, Angehörigen und Bevollmächtigten ein grosses Einfühlungsvermögen. Empfohlen wird, dass alle Beteiligten in gemeinsamen Gesprächen sorgfältig abwägen, was in der jeweiligen Situation  im Interesse des Patienten ist und zu seinem Wohlergehen beiträgt.

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