Sexualität

Sexualität ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wenn es nicht befriedigt werden kann, geht Lebensqualität verloren. Der Wunsch nach Sexualität, Intimität, Sinnlichkeit und Zärtlichkeit bleibt bis ins hohe Alter erhalten. Auch Menschen mit Demenz kann das Ausleben ihrer sexuellen Bedürfnisse Nähe, Geborgenheit und Akzeptanz vermitteln.

Der Begriff Sexualität leitet sich vom lateinischen Wort «sexus» für Geschlecht ab und bezeichnet alle mit der Geschlechtlichkeit erklärbaren Verhaltensweisen, Emotionen und Interaktionen des Menschen. Sexualität zählt wie Hunger, Durst oder Schlaf zu den angeborenen menschlichen Grundbedürfnissen. 

Sie dient neben der Fortpflanzung auch dem Knüpfen und Erhalten von Beziehungen, der Selbstbestätigung, der Lust und Entspannung sowie der Kommunikation.  Sexualität umfasst nicht nur Geschlechtsverkehr oder Selbstbefriedigung, sondern auch Zuneigung, Sinnlichkeit, Zärtlichkeit, Berührungen und Vertrautheit.

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Sexualität im Alter

Besonders Jüngere denken oft, die meisten älteren Menschen hätten kaum mehr sexuelle Bedürfnisse. Umfragen zeigen aber immer wieder, dass Sexualtrieb und sexuelles Verlangen bis ins hohe Alter bei Frauen und Männern erhalten bleiben und ausgelebt werden. Zwar nimmt die Häufigkeit der sexuellen Kontakte bei älteren Menschen meistens ab, doch Erotik und Lust bleiben dennoch zumeist wichtige Aspekte ihres Lebens. 

Typisch ist auch, dass sich die Rolle der Sexualität im Alter oft ändert. Der Geschlechtsverkehr selbst tritt –  auch wegen gesundheitlicher Einschränkungen – in seiner zentralen Bedeutung zurück, dafür werden der Austausch von Zärtlichkeiten oder die Selbstbefriedigung wichtiger. 

Auch für Menschen, die in Pflegeheimen wohnen, gilt das von der UN-Menschenrechtskonvention formulierte Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Teilhabe. Doch bis heute wird dort älteren Menschen oft das Ausleben ihrer Sexualität abgesprochen, tabuisiert oder sogar durch die Heimordnung untersagt. Nur wenige Institutionen haben den Umgang mit Sexualität in ihrem Leitbild verankert oder bieten Rückzugsräume an, in denen die Bewohner ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen können. 

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Werden diese Bedürfnisse unterdrückt, kann das zu negativen Reaktionen wie Aggression oder Depression führen. Umgekehrt ist es möglich, die Lebensqualität von Pflegebedürftigen deutlich zu steigern, wenn ihnen ein aktives Sexualleben ermöglicht wird.  

Sexualität und Demenz

Die sexuellen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz entwickeln sich sehr unterschiedlich. Oft nehmen sie im Krankheitsverlauf ab, manchmal bleiben sie gleich, mitunter aber können sie auch gesteigert sein. Besonders bei Frontotemporaler Demenz kommt es zu Schädigungen im Gehirn, die zum Versagen der Kontrollmechanismen für sexuelles Verhalten führen. 

Bei den Betroffenen kann es zu sexuellen Entgleisungen kommen, mit denen sie anderen Menschen zu nahe treten oder sich selbst in der Öffentlichkeit blossstellen. Doch auch bei allen anderen Formen der Demenz geht das Gedächtnis der sozialen und moralischen Verhaltensformen mit der Zeit verloren. 

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Damit fallen auch die eingeübten Hemmschwellen und es kann vorkommen, dass die Betroffenen ihre sexuellen Wünsche auch gegenüber Fremden sehr direkt äussern, den Intimbereich anderer Heimbewohner oder von Pflegekräften berühren oder sich vor den Augen anderer selbst befriedigen. Manchmal verstehen Menschen mit Demenz auch nicht mehr, warum ihnen bei der Intimpflege geholfen wird, dann können sie sich sexuell stimuliert oder bedroht fühlen

Demenziell Erkrankte nehmen sich mitunter selbst als jung wahr, sie erkennen ihre Partner nicht mehr und haben vergessen, dass sie verheiratet sind. Deshalb kann es vorkommen, dass sie eine neue Liebesbeziehung mit einer anderen Person eingehen. In all diesen schwierigen Situationen ist es wichtig, das Recht des Demenzkranken auf Sexualität zu respektieren und Lösungen zu finden, die für alle Betroffenen entlastend sind. 

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«Sexualität ist ein menschliches Grundbedürfnis»

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Wenn Menschen mit Demenz gegenüber den Pflegenden sexuell übergriffig werden, kann es zum Beispiel hilfreich sein, eine so genannte Sexualassistenz für die Patienten zu engagieren. Regelmässige Besuche durch solche Sexualbegleiter wirken auf sie oft heilsam und können sexuell unangemessenes Verhalten verringern.

Angehörige und Pflegende sollten die Sexualität von demenziell Erkrankten nicht tabuisieren. Wie alle anderen Menschen brauchen auch sie Zuneigung, Nähe, Zärtlichkeit und Berührungen. Überdies sind körperliche Kontakte für Menschen mit Demenz besonders wichtig, weil die Fähigkeit zum sinnlichen Empfinden eine Ressource ist, die trotz geistigen Abbaus meist sehr lange erhalten bleibt. 

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➔ Informationsblatt «Sexualität und Demenz» von Alzheimer Schweiz

➔ Beitrag über Sexualität und Pflege von der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung

➔ Erich Grond, Sexualität im Alter – Was Pflegekräfte wissen sollten und was sie tun können, Brigitte Kunz Verlag

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