Beziehung

Damit Beziehungen zu Menschen mit Demenz gelingen, müssen sich die Betreuenden auf die Realität und Gefühlswelt der Erkrankten einlassen.

Beziehungen können positive oder negative Aspekte haben. Sie können unterstützen, wie bei einem hilfsbereiten Freund. Sie können auch negativ erlebt werden, beispielsweise bei einem ungerechten Vorgesetzen. Oder gleichgültig sein – wie bei einem Arbeitskollegen, zu dem wenig Kontakt besteht. Es gibt zudem Beziehungen, die auf Regeln basieren, wie die Ehe.

Wie eine Demenz Beziehungen und Rollen verändert

Wenn eine Angehörige eine Demenz hat, verändern sich die familiären Beziehungen: Die Kranke wird von der Ehepartnerin zum Pflegeempfängerin, Kinder übernehmen die »Führung« der immer hilfloser werdenden Mutter und unterstützen den pflegenden Vater. Wichtig ist, dass man sich dieser Vorgänge bewusst ist und sie immer wieder reflektiert.

Für Menschen mit Demenz sind Beziehungen auf Augenhöhe wichtig, damit sie als Menschen wahrgenommen werden und nicht nur als Träger einer Diagnose oder Störfaktor. Deshalb sollte man vermeiden, von »Dementen« zu sprechen, und sie damit auf ihre Krankheit zu reduzieren. Betreuende Angehörige und beruflich Pflegende unterhalten Beziehungen zu Menschen mit Demenz – ohne Erwartungen und Forderungen. Es geht um den persönlichen Kontakt, darum, für sie da zu sein.

Warum eine Demenz einsam machen kann

Es ist für Menschen mit Demenz und für ihre Angehörigen nicht einfach, gesellschaftliche Beziehungen zu pflegen. Den Erkrankten fällt es oft schwer, Gesprächen zu folgen. Oder sie erkennen Personen und einst vertraute Orte nicht wieder. Das macht ihnen Angst und irritiert ihre Mitmenschen. Hinzu kommt die Scham vor Fehlleistungen. Auch die betreuende Bezugsperson kann Angst und Scham empfinden.

Wenn Menschen mit Demenz teilnahmslos, bewegungslos und still werden, kann das therapeutische Konzept der Basalen Stimulation Beziehungen unterstützen: Dieses regt dazu an, den eigenen Körper und die Aussenwelt wahrzunehmen. Oft geht es darum, Menschen mit Demenz dabei zu helfen, Zugang zu ihren Erinnerungen zu finden. Sie können oft nicht mehr reden und brauchen Angehörige oder Pflegende, die ihre Bedürfnisse lesen – etwa im Gesicht, in der Mimik oder in der Körperhaltung. Dazu braucht es eine direkte Beziehung.

Quelle Altenpflege/YouTube

Wie Beziehung auf Augenhöhe gelingen kann

Damit wir wirklich mit Menschen mit Demenz in Beziehung treten können, müssen wir uns auf ihre Gefühls- und Gedankenwelt einlassen. Auch wenn sie ganz andere Wahrnehmungen als wir haben und Dinge sagen, die in unseren Augen nicht stimmen können, sollen wir sie nicht korrigieren. Wenn sie zum Beispiel den Nachbarn beschuldigen, dass er ihre Brieftasche gestohlen hat, sollen wir ihnen das nicht ausreden, sondern mit ihnen das Gefühl des Verlustes teilen.

Wenn ein Mensch mit Demenz nach seiner Mutter sucht, die längst gestorben ist, nützt es nicht viel, wenn wir ihn dauernd an die Realität erinnern. Damit machen wir ihm seine Defizite bewusst und ignorieren sein Gefühle. Einfühlende Kommunikation und die Gesprächstechnik der Validation können eine wertvolle Hilfe sein bei der Beziehungspflege auf Augenhöhe. Der Betroffene fühlt sich nämlich in solchen Fällen allein und vermisst seine Mutter. Ein Gespräch über die Mutter und die Gefühle des Alleinseins oder eben Geborgenseins wird eine ganz neue, viel tiefere Verbindung (Beziehung) herstellen zwischen den beiden beteiligten Personen.

➔ Hier geht es zum Interview mit der Validations-Expertin Gunvor Sramek

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Einmal nach nirgendwo

Die Krankheit Demenz stellt Beziehungen auf die grösste Probe. Sie bringt Partnerschaften, Eltern-Kind-Beziehungen und Freundschaften in Schieflage. Die Angehörigen von … weiterlesen

Warum Einsamkeit krank macht

Darüber hinaus mehren sich die Hinweise, dass einsame Menschen schneller altern und kognitiv abbauen. Der Demograf Michel Poulain reist seit 1999 in so genannte »Blaue Zonen«, Regionen auf der Welt, in denen ungewöhnlich viele Menschen leben, die älter als 100 Jahre alt werden. Demenz oder Herzerkrankungen gibt es dort selten. Er erforscht, wie die Menschen dort leben. Es sind offenbar einfache Dinge, die das Leben verlängern: beweglich bleiben, massvoll essen und trinken – vor allem geborgen sein. Soziales Miteinander mit Freunden und Familienmitgliedern. Nicht vereinsamen.

Derek Taylor, 90 Jahre alt, hat gute Tipps gegen Einsamkeit. Der Engländer fühlte sich allein, nachdem seine Frau und seine Schwester gestorben waren, und je älter er wurde, auch Freunde und Bekannte um ihn herum. Er wollte etwas gegen seine Einsamkeit tun und stellte eine Liste auf. Heute fühlt er sich lebendiger als zuvor:

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«Ich fühle mich lebendiger»

Der 90-jährige Derek Taylor unternahm etwas gegen seine Einsamkeit. Mittlerweile ist er ein gefragter Experte für Sozialkontakte und Altersfragen geworden. weiterlesen

Links und Literatur zum Thema Beziehung und Demenz

Bestsellerautor Manfred Spitzer, Professor für Psychiatrie in Ulm, hat ein Buch mit dem Titel «Einsamkeit tötet» geschrieben. Einsamkeit ist wissenschaftlich schwer zu fassen, aber sie ist ein Gefühl, das als mögliches Symptom für eine psychische Krankheit gesehen werden kann; natürlich nicht nur – sie kann auch bewusst gesucht werden, wenn Menschen sich dem Rummel entziehen möchten, um zur Ruhe zu kommen.

> Manfred Spitzer, Einsamkeit. Die unerkannte Krankheit, Verlag Droemer-Knaur, 2018

> Hier geht es zur Reportage über die «Blauen Zonen»

> Das ganze Mut Magazin übers Älterwerden kann man als pdf hier herunterladen

> Luke J. Tanner, Berührungen und Beziehungen bei Menschen mit Demenz, Hogrefe, 2018

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Beziehung ist alles

Was will und braucht ein Mensch mit Demenz? Gedanken zu Empathie und Beziehung, zu mutmassen und sich hineinversetzen. weiterlesen

Quelle KuKukTV/YouTube

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