Medikamente
Demenz-Erkrankungen sind nicht heilbar. Verschiedene Medikamente können aber das Alltagsleben günstig beeinflussen.
Wer von Demenz spricht, meint damit ein Bündel von mehr als 50 Krankheitsformen. Allen gemeinsam ist die anhaltende oder fortschreitende Beeinträchtigung des Gedächtnisses, des Denkens und anderer Hirnleistungen.
Alzheimer ist die häufigste Form der demenziellen Erkrankungen, 60 bis 65 Prozent der Betroffenen erkranken daran. Entsprechend konzentriert sich die Forschung darauf, ein Heilmittel gegen die Alzheimer-Demenz zu finden – bis heute erfolglos. Alle auf dem Markt zugelassenen Medikamente haben das Ziel, die Hauptsymptome von Demenz zu lindern.
Bei diesen vor allem für die Alzheimer-Demenz verfügbaren Arzneimitteln handelt es sich um «Antidementiva», was so viel bedeutet wie «Mittel gegen Vergesslichkeit». Sie können Gedächtnisstörungen zeitweise abschwächen oder stabilisieren und so auch zu einer Verbesserung der Alltagsfähigkeiten beitragen.
Informationsaustausch zwischen Nervenzellen anregen
Am Markt erhältlich sind verschiedene Antidementiva. Bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz werden Medikamente aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterasehemmer verordnet. Sie sollen den Informationsaustausch zwischen den Nervenzellen im Gehirn anregen und die Symptome der Demenz mildern. Dass Cholinesterasehemmer den Betroffenen helfen, ihren Alltag besser zu bewältigen und somit den Zeitpunkt der Pflegebedürftigkeit nach hinten schieben, ist nicht nachgewiesen.
Die Pharmaindustrie verweist hier auf Studien, wonach etwa durch die konsequente Verabreichung eines Cholinesterasehemmers wie Donepezil die Heimeinweisung um knapp zwei Jahre verzögert werden könne. Allerdings werden solche Wirksamkeitsbelege von unabhängigen Beobachtern als systematisch überschätzt eingeordnet und den entsprechenden Studien handwerkliche wie auch andere Fehler nachgewiesen. Zudem können je nach Präparat Nebenwirkungen auftreten, darunter Übelkeit, Durchfall und Erbrechen wie auch psychische Begleitsymptome, etwa Depressionen oder Angstzustände.
Mehrere Studien haben auch gezeigt, dass die Sterblichkeit unter Patienten, die Cholinesterasehemmer erhalten, auf bis auf das Dreifache erhöht ist. Die häufigsten Todesursachen, so stellte sich heraus, waren Herz-Kreislauf-Probleme wie etwa Durchblutungsprobleme im Gehirn, die sich unter anderem in Ohnmachtsanfällen äusserten, sowie mehrere Selbstmorde.
Der US-amerikanische Arzt und Neurowissenschaftler Clayton Wiley von der Universität Pittsburgh hält wenig von modernen Alzheimer-Medikamenten. «Diese Präparate sind ein Milliarden-Dollar-Geschäft geworden. Das liegt aber nur daran, dass sich viele Menschen, bei denen einen Demenz diagnostiziert wurde, verzweifelt an jeden Strohhalm klammern, der sich ihnen bietet.»
Wiley fordert stattdessen, sich damit auseinander zu setzen, dass Menschen statistisch immer älter werden – und das menschliche Gehirn dabei «irreparabel verschlissen» werde. «Darauf, dass es keine Behandlungsmöglichkeiten für Demenz gibt, wird jeder seine eigene Antwort finden müssen. Aber wir reden gar nicht darüber.»
Aus all diesen Gründen ist es wichtig, nach den Ursachen der Symptome zu suchen und Lösungen jenseits der Pharmakologie zu finden, etwa Gedächtnistraining oder die Förderung sozialer Aktivitäten wie auch Validation, also ein wertschätzender, auf Akzeptanz begründeter Umgang mit Demenzkranken.
Damit einher geht ein Perspektivwechsel: Es setzt voraus, die Interessen der Betroffenen und ihren mutmasslichen Willen zu berücksichtigen. Verbunden damit ist auch eine ethische Frage: Wie viel «Verhalten» ist dem Umfeld zumutbar? Muss – zum Beispiel – ein «schwieriger» Betroffener wirklich sediert und damit seine Lebensqualität eingeschränkt werden?
Überschuss an Glutamat verhindern
Bei einer mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz werden Medikamente mit dem Wirkstoff Memantin verordnet. Sie sollen verhindern, dass ein Überschuss des Botenstoffes Glutamat das Gehirn schädigt. Vermutet wird, dass Glutamat bei Alzheimer das Absterben der Nervenzellen vorantreibt. Memantin kann den Abbau geistiger Fähigkeiten bei manchen Betroffenen etwas verzögern.Zudem können, wie bei Cholinesterasehemmern, eine Reihe von ernsthaften Nebenwirkungen bis hin zu Halluzinationen und Todesangst auftreten.
Ein Mittel, das ebenfalls bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz verschrieben wird, ist Gingko biloba. Dem pflanzlichen Präparat, das aus Blättern des Ginkgo-Baums gewonnen wird, werden unterschiedliche Wirkungen zugeschrieben. Gingko soll unter anderem die Durchblutung verbessern und die Nervenzellen schützen. Entsprechende Präparate können rezeptfrei gekauft werden. Sie gelten als allgemein gut verträglich.
Beruhigungsmittel und Antidepressiva bei Demenz
Andere Medikamente, die im Zusammenhang mit Demenzerkrankungen verschrieben werden, sind in ihrer Wirkung nicht auf die Krankheit bezogen, sondern auf deren Begleiterscheinungen: Bei vielen demenziell Erkrankten verändern sich im Verlauf der Erkrankung die Persönlichkeit und das Verhalten deutlich. Sie können sich zum Beispiel ungewohnt ängstlich, misstrauisch, passiv, unruhig oder auch aggressiv verhalten.
Menschen mit Alzheimer-Demenz haben zudem häufig Depressionen und Schlafstörungen. Daher nehmen viele Erkrankte auch Medikamente ein, die psychische Beschwerden und auffälliges Verhalten verringern sollen – etwa Beruhigungsmittel oder Antidepressiva. Diese Medikamente können zwar die Symptome lindern, aber auch ernsthafte Nebenwirkungen wie Verwirrtheit oder erhöhte Sturzgefahr haben. Gleichzeitig besteht die Gefahr der Medikamenten-Abhängigkeit.
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