Recht
Wer trifft für Menschen mit Demenz wichtige Entscheidungen? Wer darf die Post öffnen, das Konto verwalten, medizinische Fragen klären? Was sagt der Gesetzgeber?
Der Übergang ist oft schleichend für den gesunden Angehörigen. Einfache Handreichungen. Einen Brief öffnen, weil die Brille verlegt ist. Mit der Kreditkarte des anderen für ihn Geld abheben. Beim Ausfüllen eines Formulars helfen. Kleine Hilfestellungen zunächst, die in der Frage münden, ob all dies noch rechtlich abgesichert ist.
Irgendwann müssen Entscheidungen getroffen werden, dann geht es um Vollmachten und Verfügungen. Diese Dinge anzusprechen, wenn sich die Demenz erst im Anfangstadium befindet, ist ratsam, es gilt dasselbe wie bei der Patientenverfügung – rechtzeitig angehen. Aber es braucht Fingerspitzengefühl.
Für andere Menschen Entscheidungen fällen, ist eine grosse Verantwortung. Wenn die Erkrankung voranschreitet, müssen immer mehr Aufgaben übernommen werden. Es kann zu schwierigen Situationen für alle Beteiligten kommen, für die Menschen mit Demenz, aber auch für ihre Angehörigen und für die Verantwortlichen in Heimen und Krankenhäusern: Beispielsweise, wenn Angehörige uneins sind.
Wenn etwa die Kinder eines Menschen mit Demenz unterschiedlich vorgehen möchten. Die einen möchten, dass die Person weiter zuhause lebt. Die anderen meinen, im Heim würde es ihr besser gehen. Auch bei medizinischen Belangen müssen Entscheidungen getroffen werden, mitunter ethische, auch vonseiten von Heimleitungen. Ist es etwa zulässig, Menschen mit Demenz Medikamente, die diese nicht nehmen möchten, ins Essen zu schmuggeln? Gegen ihren Willen?
Ein Vorsorgeauftrag muss ähnlich wie ein Testament eigenhändig aufgesetzt und unterschrieben werden. Ausserdem muss die Urteilsfähigkeit gegeben sein. Das kann schwierig werden, weil Menschen mit Demenz ihre Krankheit anfangs oft gut verbergen.
In Deutschland heisst das diese Themen umreissende Dokument «Vorsorgevollmacht». Sie wird von den Betroffenen selbst verfasst. Sie bestimmen, wer Entscheidungen stellvertretend für sie treffen soll. Diese Vertrauensperson sollte über die Wünsche der Betroffenen informiert sein.
Die Vorsorgevollmacht ist nur wirksam, wenn die Menschen mit Demenz zum Zeitpunkt der Unterschrift noch geschäftsfähig sind. Das heisst, sie müssen den Sinn und Inhalt einer Vollmacht noch verstehen und hinterfragen können. Sie müssen also auch entscheiden können, ob die gewählte Person wirklich vertrauenswürdig ist.
Eine notarielle Beurkundung einer solchen Vollmacht ist ratsam, wenn die Betroffenen über Immobilien verfügen, die möglicherweise zur Absicherung von Pflegekosten herangezogen werden sollen. Banken und Sparkassen verlangen oft eine zusätzliche Kontovollmacht.
➔ Hier geht’s zum alzheimer.ch-Dossier «Wer entscheidet im Namen von Menschen mit Demenz»
In die Vollmacht können unterschiedliche Aspekte aufgenommen werden, so zum Beispiel die Gesundheitsfürsorge mit medizinischen und pflegerischen Aspekten, aber auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Letzteres greift, wenn Menschen mit Demenz sich weigern, zu einem Arzt oder ins Krankenhaus zu gehen.
Auch Mietangelegenheiten und Behördengänge werden damit geregelt, oder wenn eine Rente beantragt werden soll. Um alle gesundheitlichen Fragen dreht sich die gesetzlich verbindlich geregelte Patientenverfügung. Die Grundsätze in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich sind dabei ähnlich.
In Österreich heisst die Vollmacht «Vertretungsbefugnis». Diese umfasst Alltägliches wie Haushaltsführung, Organisation der Pflege, Beantragung sozialversicherungsrechtlicher Leistungen sowie Finanzielles wie Rente (Pension), Pflegegeld oder Sozialhilfe, aber auch gesundheitliche Belange. Die Vertretungsbefugnis muss von einem Notar im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV)registriert werden.
Links und Literatur
➔ Hier gibt’s ausführliche Informationen zur rechtlichen Lage in Deutschland
➔ Hier gibt’s ausführliche Informationen zur rechtlichen Lage in der Schweiz
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