Demenzfreundlich
Menschen mit Demenz sollen in Sicherheit und Würde leben können. Dafür braucht es demenz- und menschenfreundliche Lebensräume.
Den Alltag bewältigen und am Gesellschaftsleben teilhaben: Das ist für kognitiv eingeschränkte Menschen im beschleunigten und hoch technisierten Lebensumfeld heute sehr schwierig. Das hohe Mass an Mobilität, Flexibilität und geistigen Fähigkeiten überfordert Menschen mit Demenz und grenzt sie aus.
Mittlerweile gibt es einige Initiativen und Labels, die sich mit diesem Problem auseinandersetzen und sich für demenzfreundliche Lebensräume engagieren – überall dort, wo Menschen leben, arbeiten, einkaufen, betreut oder behandelt werden, ganz allgemein also ihren Alltag gestalten.
Der Begriff «demenzfreundlich» geht zurück auf das Englische «dementia-friendly communities». Es bezeichnet Gemeinden, in denen Menschen mit Demenz verstanden, respektiert und unterstützt werden, wo sie Teil des gesellschaftlichen Lebens sind. In einer demenzfreundlichen Gesellschaft wissen die Bürger über die Krankheit Bescheid, sie haben Verständnis, und die Demenzkranken fühlen sich eher miteinbezogen und integriert.
Ähnliche Kriterien für eine demenzfreundliche Gesellschaft formuliert die Schweizer Alzheimervereinigung: Eine solche Gesellschaft sorgt dafür, dass Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ein gutes, selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen können.
Sie fördert das Verständnis für Menschen mit Demenz und ihre Bedürfnisse in allen Bereichen des Alltags. Und sie ist sich darüber bewusst, dass die entsprechende physische Umgebung zwar wichtig, aber die Haltung der Menschen von zentraler Bedeutung ist – und wie sie einander begegnen.
Demenzfreundliche Kommunen
Die Nachbarschaft, der Stadtteil, das Dorf und die Gemeinde sind Orte, an denen die Probleme von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zuerst sichtbar werden. Deshalb können sie dort auch angegangen werden. In demenzfreundlichen Kommunen bemüht man sich darum, dass kein Betroffener «verlorengeht», sondern ein soziales Umfeld vorfindet, das ihn auffängt.
Dazu können Hilfsangebote im Alltag beitragen: gemeinsame Ausflüge, Demenzpaten in Vereinen und Kirchen oder Schulungsangebote für Geschäfte, Behörden, Banken, Polizei, Verkehrsbetriebe, Kinder und Jugendliche.
➔ Hier geht’s zu den demenzfreundlichen Kommunen in Deutschland
Die perfekte demenzfreundliche Kommune gibt es noch nicht, aber viele Gemeinschaften sind auf dem Weg dorthin. Ein beispielhafter Ansatz ist das Projekt «Socius» der «Age-Stiftung». Es hat zum Ziel, mit grösstenteils bestehenden Angeboten Unterstützungssysteme für ältere Menschen in Gemeinden und Regionen zu organisieren und einzelne Angebote besser zu koordinieren.
Die Massnahmen orientieren sich eng am jeweiligen Bedarf der älteren Menschen. Sie reichen von Begegnungsmöglichkeiten über Einkaufshelfer und Spaziergruppen bis hin zur Ausstattung des öffentlichen Raums mit Sitzbänken oder Handläufen.
Demenzfreundliches Wohnen
Der Begriff demenzfreundlich wird auch im Zusammenhang mit der Wohnsituation von Menschen mit Demenz erwähnt, besonders, wenn sie in ihrem häuslichen Umfeld bleiben. Patentrezepte gibt es dabei nicht, wichtig ist, die Gewohnheiten der Menschen mit Demenz zu berücksichtigen, denn Veränderungen empfinden sie als Stress.
Es gibt aber einige grundlegende Gestaltungsprinzipen, die Wohnungen demenzfreundlicher machen. Dazu gehört das Schaffen von Kontrasten, etwa mit kräftigen Farben, und klare Strukturen, die einen schnellen Überblick ermöglichen, zum Beispiel offene Regale. Wichtig ist auch eine gute Beleuchtung, weil alte Menschen generell mehr Licht brauchen, um Dinge zu erkennen.
Gutes Licht kann aber auch die Stimmung aufhellen und den Schlaf-Wach-Rhythmus unterstützen. Die Prinzipien für eine demenzfreundliche Gestaltung des Wohnumfelds passen auch für integrative Wohnprojekte oder Pflegeeinrichtungen.
➔ Hier finden Sie eine Infos zur Gestaltung einer demenzfreundlichen Wohnung
➔ Hier werden Grundprinzipen einer Wohlfühlatmosphäre für Menschen mit Demenz erläutert
Demenzfreundliches Spital
Ein Aufenthalt im Spital ist für die allermeisten Menschen eine Belastung. Besonders schwierig ist es für Menschen mit Demenz. Sie treffen hier auf fremde Menschen, die ihnen teilweise sehr nahe kommen. Sie sind mit der Umgebung nicht vertraut und verstehen nicht, warum sie hier sein müssen. Sie haben viele Informationen zu verarbeiten und oft auch Schmerzen zu erdulden.
Viele Spitäler haben in den vergangenen Jahren Konzepte und Angebote entwickelt, die Menschen mit Demenz den Aufenthalt im Spital erleichtern. In einem Interview erklärt der Gerontopsychiater Robert Perneczky, worauf es ankommt.
Demenzfreundlicher Arbeitsplatz
Auch jüngere Personen können an Demenz erkranken. Diese stehen meist noch im Arbeitsleben. Weil noch wenig bekannt ist, dass Demenz auch jüngere Menschen treffen kann, ist die Diagnosestellung meist schwierig und langwierig. Fehldiagnosen wie Depression oder Burnout sind häufig.
➔ Hier geht’s zur Infobroschüre von Alzheimer Schweiz
Betroffene durchlaufen einen schwierigen und oft schmerzhaften Prozess, bis sie endlich Klarheit darüber haben, was mit ihnen los ist. Dabei werden Auffälligkeiten oft schon früh von Arbeitskolleginnen und -kollegen oder von den Vorgesetzten entdeckt. Es ist wichtig, dass die Betroffenen nicht ausgeschlossen werden und sich weiterhin als wirksam erfahren dürfen.
Tipps für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
- Besprechen Sie als Vorgesetzte bzw. Vorgesetzter oder für den Personalbereich zuständige Fachperson mit der betroffenen Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer in einer ruhigen Atmosphäre und ohne Zeitdruck die Problembereiche am jetzigen Arbeitsplatz.
- Definieren Sie gemeinsam, welche Tätigkeiten besonders Mühe machen und welche die betroffene Person noch gerne ausüben möchte und könnte.
- Definieren Sie zusammen, welche Massnahmen es am Arbeitsplatz braucht, damit ein Verbleib möglich ist.
- Planen Sie mit der erkrankten Person regelmässige Gespräche zur Überprüfung der Aufgabenfelder. Unter Umständen ist es sinnvoll, gemeinsam ein Ziel zu definieren, das man noch erreichen möchte (z. B. den Abschluss eines Projekts oder die Weiterbeschäftigung, bis eine Nachfolge gefunden ist).
- Besprechen Sie mit der betroffenen Person, auf welche Weise die Arbeitskolleginnen und -kollegen informiert werden sollen.
Links und Literatur
➔ Verena Rothe, Gabriele Kreutner, Reimer Gronemeyer; Im Leben bleiben – Unterwegs zu demenzfreundlichen Kommunen, Transcript Verlag, 2015
➔ Demenzfreundliche Kommunen in Europa, Studie der Robert Bosch Stiftung, 2018
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