Körperpflege

Die Körperpflege wird für Menschen mit Demenz schwieriger – oft auch unwichtiger. Bei der Unterstützung sind Empathie und Geschick gefragt.

Heute haben Körperpflege und Aussehen für viele einen hohen Stellenwert. In diesem Umfeld fallen manche Menschen mit Demenz stark aus dem Rahmen, wenn sie sich nachlässig kleiden, sich dem Waschen und der Hygiene verweigern und durch unangenehme Körpergerüche auffallen. Körperpflege ist die Pflege von Haut, Haaren, Fuss- und Fingernägeln sowie die Zahn- und Mundpflege, um Krankheiten und unangenehme Körpergerüche zu vermeiden. Sie dient auch dem Wohlbefinden und der Attraktivität.

Wie Menschen früher ihre Körper pflegten

Im alten Rom schon gab es eine hochentwickelte Badekultur in prunkvollen Thermen. Das Baden war Bestandteil des öffentlichen Lebens. Später reinigten die Römer ihre Haut hauptsächlich mit Ölen. In anderen Kulturen gab es bereits Frühformen der Seife. Bis weit ins 18. Jahrhundert vertraten jedoch Ärzte in Europa die Meinung, dass Wasser und Luft dem Körper schade: Das Einpudern erfüllte den Zweck, den Körper nach aussen hin abzuschliessen. Dies änderte sich erst im bürgerlichen 19. Jahrhundert. Die industrielle Revolution legte den Grundstein für die Herstellung von Seife. 

Noch um 1900 war ein Badezimmer in vielen europäischen Städten ein seltener Luxus, nicht einmal fünf Prozent aller Wohnungen waren damit ausgestattet. Erst in der zweiten Hälfe des 20. Jahrhunderts wurden Badezimmer zum Standard. Bei Neubauten in den 1950ern sprach man noch von einer «Nasszelle».  Im Nachkriegsdeutschland wurde in Wannen, Bottichen oder Zubern in der Küche oder in der Waschküche gebadet. Einmal in der Woche, meistens samstags, stieg die ganze Familie in vereinbarter Reihenfolge ins warme Seifenbad. Das Spülbecken in der Küche diente ebenso als Waschgelegenheit, zur Rasur und zur Zahnpflege.

Warum viele Menschen mit Demenz die Körperpflege vernachlässigen

Menschen mit Demenz haben bei fortschreitender Krankheit oft Schwierigkeiten mit den Abläufen, sehen deren Notwendigkeit nicht ein oder erleben Unbehagen und Ängste. Sie sind auf Hilfe angewiesen, weil…

  • sie sich nicht mehr waschen möchten oder glauben, sich schon gewaschen zu haben
  • sie die Fähigkeit verlieren, praktische Dinge zu verrichten, zum Beispiel die Wassertemperatur zu regulieren oder sich ohne Verletzungen zu rasieren  
  • sie Produkte verwechseln

Wer Menschen mit Demenz helfen möchte, wird vielleicht abgewiesen, weil…

  • es ihnen unangenehm ist, auf Hilfe angewiesen zu sein, bevormundet zu werden oder sich ausgekleidet vor anderen Personen zu zeigen
  • sie verunsichert sind und Angst haben vor dem Einstieg in die Badewanne oder vor dem Wasserstrahl aus der Dusche
  • sie sich nicht nackt anderen zeigen möchten

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Misstrauen bei Demenz: Die Angst weggewaschen

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Wie die Körperpflege mit Demenz gelingen kann

Jeder hat eine persönliche Vorstellung von Waschen und Hygiene. Bei der Pflege gilt es, diese Vorstellungen zu berücksichtigen, behutsam und rücksichtsvoll vorzugehen – und nur im Intimbereich mit Handschuhen. Angehörige und Pflegende von Demenzkranken stehen oft vor grossen Herausforderungen. Sie brauchen Geduld, Zeit und Kreativität, um… 

  • ihnen die Angst zu nehmen
  • sie zu ermutigen, möglichst viel selbstständig auszuführen, welches das Selbstbewusstsein stärkt
  • ihre Vorlieben und Gewohnheiten zu erkennen und den Ablauf so angenehm wie möglich zu gestalten
  • Lösungen zu finden, wenn sie sich dem Waschen oder Duschen hartnäckig verweigern 

Tipps zur Körperpflege von Menschen mit Demenz

  1. Einfache Anweisungen: Gib klare und einfache Anweisungen. Vermeide komplexe Sätze oder zu viele Informationen auf einmal.
  2. Routine etablieren: Versuche, eine feste Routine für die Körperpflege zu etablieren. Menschen mit Demenz fühlen sich oft sicherer und entspannter, wenn sie wissen, was als nächstes passiert.
  3. Respektieren Sie die Privatsphäre: Achte darauf, die Privatsphäre der Person zu respektieren, und gib ihr Raum, um sich wohl zu fühlen. Ziehe Vorhänge zu und schließe Türen.
  4. Langsame und sanfte Berührung: Sei sanft und einfühlsam bei der Berührung. Vermeide es, zu rau oder schnell zu sein, da dies Verwirrung oder Angst auslösen kann.
  5. Berücksichtigung von Vorlieben: Versuche, die Vorlieben der Person zu berücksichtigen, wenn es um Produkte wie Seife, Shampoo oder Lotion geht. Ein vertrauter Duft oder eine bekannte Marke kann beruhigend wirken.
  6. Beobachte Reaktionen: Achte auf nonverbale Signale wie Mimik, Körpersprache und verbale Äußerungen, um festzustellen, ob die Person sich unwohl oder gestresst fühlt. Passe deine Vorgehensweise entsprechend an.
  7. Biete Unterstützung an: Biete Hilfe an, aber respektiere auch die Unabhängigkeit der Person, soweit dies möglich ist. Kleine Handlungen wie Halten der Hand oder sanftes Streicheln können beruhigend sein.
  8. Ablenkung nutzen: Verwende Ablenkung, um die Körperpflege angenehmer zu gestalten. Musik, Lieblingsspielzeug oder Bilder können dabei helfen, die Aufmerksamkeit abzulenken und die Stimmung zu heben.
  9. Flexibilität zeigen: Sei flexibel und passe dich den Bedürfnissen und Vorlieben der Person an. Manchmal kann es notwendig sein, die übliche Routine anzupassen, um die beste Pflege zu gewährleisten.
  10. Selbstpflege nicht vergessen: Vergiss nicht, auch auf sich selbst zu achten. Die Pflege eines geliebten Menschen mit Demenz kann herausfordernd sein, daher ist es wichtig, dir regelmäßig Auszeiten zu gönnen und Unterstützung von anderen zu suchen.

> Michael Schmieder, Uschi Entenmann, Dement, aber nicht bescheuert. Für einen neuen Umgang mit Demenzkranken. Ullstein, 2015 

> Hier finden Sie nützliche Hinweise von Alzheimer Schweiz zur Hilfe beim Waschen, Zähneputzen, An- und Auskleiden  

> Hier erzählt eine Bauersfrau von der Körperpflege am Anfang des 20. Jahrhunderts

> Anne Louise Barrick u.a., Körperpflege ohne Kampf, Hogrefe, 2021

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Quelle Gallileo/YouTube

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