Humor
Menschen mit Demenz bleibt der Sinn für Humor meist lange erhalten. Darin liegt eine grosse Chance für positive Begegnungen und Stressabbau.
Das Wort Humor leitet sich vom lateinischen umor ab und bedeutet Flüssigkeit oder Körpersaft. Der Begriff geht zurück auf die antik-mittelalterliche Säftelehre, nach der das Temperament eines Menschen vom Verhältnis seiner Körpersäfte zueinander abhängt.
Humor bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, auf bestimmte Dinge, besonders auch auf Unangenehmes oder Schwieriges, heiter und gelassen zu reagieren. Auch Menschen, die andere in eine positive Stimmung versetzen oder zum Lachen bringen können, werden als humorvoll bezeichnet. Die Wissenschaft geht davon aus, dass Humor angeboren ist, aber auch kulturelle und soziale Einflüsse prägen das Verständnis von Heiterkeit.
In der abendländischen Geschichte hatte Humor einen zwiespältigen Ruf. Im antiken Griechenland war Spott ein üblicher Anlass zum Lachen. Philosophen wie Aristoteles verurteilten dieses derbe Lachen und plädierten stattdessen zu feinerem Witz und kultivierter Ironie. Im römischen Recht war es verboten, einen Bürger lächerlich zu machen. Auch Cicero wandte sich gegen plumpe Witze, für ihn sollte Humor angemessen und geistreich sein.
Im Mittelalter wurde der Humor aus der höfischen Kultur verdrängt. Stattdessen wurde Humor zu einer Volkskultur, er richtete sich häufig gegen gesellschaftliche Aussenseiter und war oft spöttisch oder gehässig. Für die Kirche war Lachen des Teufels, in den Klöstern sogar verboten. Humor galt als leiblicher Exzess, der mit Frömmigkeit nicht zu vereinbaren war.
Auch in der Aufklärung wurde Humor zunächst als unvereinbar mit der Ernsthaftigkeit und der logischen Argumentation betrachtet. Doch bald wandelte sich dieses Verständnis, und Humor galt als geeignetes Mittel, um aufklärerische Ideen zu verbreiten.
In den Jahren vor der deutschen Märzrevolution 1848 explodierte die Zahl der Karikaturen, Witzblätter und gedruckten Satiren trotz harter Zensurbestimmungen. Humor wurde ein wichtiges Mittel der demokratischen Bewegung im Kampf gegen Aristokratie und Absolutismus.
Therapeutische Wirkung von Humor
Sigmund Freud befasste sich in den 1920er Jahren mit dem Einfluss des Humors auf die Psyche und sah darin einen Mechanismus, der dem Menschen hilft, das Leben zu bewältigen. Humor, so Freud, dient der Abwehr von Konflikten und der Entladung von inneren Spannungen.
Seit Ende der 1960er Jahre haben sich Wissenschaftler intensiv mit der therapeutischen Wirkung von Humor beschäftigt. Sie fanden unter anderem heraus, dass Lachen das Immunsystem stärkt, das Schmerzempfinden verringert, Glücksbotenstoffe im Gehirn freisetzt und Stresshormone abbaut. Humor fördert ausserdem die Kreativität und soziale Kontakte, reduziert Konfliktpotenzial und erweitert Sichtweisen.
Auch die positive Wirkung von Humor auf die Genesung von Patienten ist bekannt. Der Einsatz von Clowns in Krankenhäusern, besonders auf Kinderstationen, ist deshalb relativ weit verbreitet. Erwiesen ist auch, dass Humor eine komplexe Fähigkeit ist, bei der viele Hirngebiete involviert sind und die auch im fortgeschrittenen Alter nicht verloren geht.
Humor und Demenz
Der oftmals sehr feinfühlige und tiefe Sinn für Humor bleibt auch bei vielen Menschen mit Demenz lange erhalten. Im Pflegealltag kann der gezielte und angemessene Einsatz von Humor Barrieren abbauen, die Kommunikation fördern und Vertrauen aufbauen. Er hilft auch, den Betroffenen Selbstwirksamkeit und Sicherheit zu vermitteln.
Wissenschaftlich erwiesen ist auch, dass Humor-Therapien bei demenziell Erkrankten zu einer sowohl kurzfristigen als auch anhaltenden Verringerung von Unruhe und Aggressionen führt. Inzwischen gibt es auch spezialisierte Clowns, die Menschen mit Demenz besuchen. Durch ihre einfühlsame, humoristischer Zuwendung können sie die Erkrankten emotional berühren und ihre Lebensfreude reaktivieren.
Auch für Angehörige und Pflegende von Menschen mit Demenz kann Humor ein gutes Mittel sein, um Stress abzubauen, Spannungen zu lösen und Schamgefühle einzudämmen. Der humorvolle Umgang mit herausforderndem Verhalten hilft ihnen, ihre Opferhaltung abzulegen und sich gegen Alltagsprobleme zu wappnen.
Humor entlastet Menschen mit Demenz und ihre Begleiter gleichermassen und ist fast immer viel wirkungsvoller als Ratschläge, Anweisungen oder Verordnungen. Wer den Erkrankten mit liebevollem Humor begegnet, behandelt sie nicht ständig als Pflegebedürftige, sondern als Menschen, mit denen man gemeinsam lachen und heiter sein kann.
Links und Literatur
➔ Domizil (Hg.), Demenz-Anekdoten und Cartoons zum Schmunzeln, Werd Verlag
➔ Hier geht es zu einem ausführlichen Beitrag zur Wirkung von Humor
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