Kultur
Der Begriff Kultur hat seinen Ursprung im lateinischen Wort «cultura» für Anbau, Pflege, Bearbeitung, Ausbildung, Verehrung. Im weiteren Sinn bezeichnet Kultur alles vom Menschen Gemachte, im Gegensatz zur unbearbeiteten Natur. Ebenso bedeutet Kultur die Art und Weise, wie Menschen ihr Leben und ihr Zusammenleben gestalten. Damit meint Kultur auch das System aus geteilten Vorstellungen und Regeln, das eine Gemeinschaft für sich entwickelt. Dazu gehören zum Beispiel Sprache und Schrift, Religion, Bräuche, Sitten und Kunst. In engerer Bedeutung ist Kultur ein Oberbegriff für künstlerische Ausdrucksformen wie Literatur, Theater, Musik, Malerei und Bildhauerei sowie Film.
Geschichte der Kultur
Schon in der Antike wurde der Begriff Kultur über seine ursprüngliche Bedeutung hinaus sehr weit gefasst. Cicero etwa sprach von der «cultura animi» und meinte damit die Pflege des Geistes. Auch Plinius verstand unter Kultur die Arbeit an der eigenen Persönlichkeit. In der deutschen Sprache ist das Wort Kultur erst seit Ende des 17. Jahrhunderts belegt und bezeichnete damals sowohl die Bodenbewirtschaftung als auch die Pflege der geistigen Güter.
Das Adjektiv »kulturell« wurde erst im 20. Jahrhundert gebräuchlich. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, die nach dem 2. Weltkrieg verfasst wurde, wird das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am kulturellen Leben als Menschenrecht proklamiert. Es umfasst auch das Recht, sein eigenes kulturelles Erbe leben, erlernen und erfahren zu dürfen.
Kultur und Demenz
Aus dem Menschenrecht auf Teilhabe am kulturellen Leben leiten sich für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen/Betreuenden drei Themenkreise ab:
- kulturspezifische Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund
- kulturelle Aktivität von Menschen mit Demenz
- Inspiration, Wissensvermittlung und Horizonterweiterung durch Bücher, Filme etc.
Dabei handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Älteren mit verschiedenen Muttersprachen, kulturellen und religiösen Prägungen, die schon länger im deutschsprachigen Raum leben. Die meisten Unterstützungs- und Betreuungsangebote sind aber nicht auf deren Bedürfnisse und Erwartungen zugeschnitten.
Für demenziell erkrankte Migranten und ihre Angehörigen ist es deshalb oft nicht einfach, Zugang dazu zu finden. Nicht selten ist es für die pflegenden Angehörigen wegen ihrer kulturellen Prägung auch problematisch, Hilfe von Aussenstehenden anzunehmen. Ihre Kultur basiert auf Werten, zu denen die Hochachtung älterer Menschen und die Pflicht zur Übernahme gegenseitiger Verantwortung innerhalb der Familie zählen. Sich externe Unterstützung zu holen wird deshalb häufig als Schande empfunden.
Problematisch für die Betroffenen ist auch, dass mit dem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses oft die deutsche Sprache verloren geht. Das kann zu Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit der Aussenwelt und zum sozialen Rückzug führen. Ob und in welchem Umfang Pflegedienstleistungen angenommen werden, hat auch damit zu tun, wie das Krankheitsbild Demenz wahrgenommen wird. Während Demenz im deutschsprachigen Raum als neurodegenerative Erkrankung gilt, wird sie in anderen Kulturen mitunter als normale Altersentwicklung oder gar als Strafe Gottes verstanden.
In den Pflegeeinrichtungen fühlen sich demenziell erkrankte Migranten nicht selten fremd und alleingelassen. Damit sich Betroffene wahrgenommen und verstanden fühlen, brauchen die Betreuenden mehr kulturelle Sensibilität und bessere Informationen über deren biografischen Hintergrund und Gewohnheiten. Auch wenn es einige Einrichtungen und Projekte gibt, die eine solche kultursensible Pflege praktizieren, bleibt hier noch viel zu tun.
Kulturelle Aktivität von Menschen mit Demenz
Viele Kunst- und Kulturschaffende haben Musik-, Film-, Theater- oder Museumsangebote entwickelt, die sich an Menschen mit Demenz wenden. Die Angebote sollen unterhalten, beruhigen, Erinnerungen hervorrufen, Emotionen wecken oder die Aufmerksamkeit stärken. Für die Betroffenen ist die kulturelle Teilhabe in vielfacher Weise von grosser Bedeutung.
Ihre kognitiven Fähigkeiten lassen zwar zunehmend nach, doch über sinnliche Eindrücke sind demenziell Erkrankte noch gut und lange erreichbar. Oft ist der Besuch von kulturellen Veranstaltungen eine der wenigen Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Und genauso wichtig ist das gemeinsame emotionale Erlebnis mit Angehörigen oder Betreuenden.
Das freudvolle Erlebnis, das mit Angehörigen und Betreuuenden geteilt werden kann, steht im Mittelpunkt vieler kulturellen Veranstaltungen für Menschen mit Demenz. Zudem regen sie die Kommunikation zwischen den Betroffenen und den Angehörigen an, bewahren vor Vereinsamung und tragen zu einer verbesserten Lebensqualität bei. Und nicht zuletzt beeinflussen solche Begegnungen die öffentliche Wahrnehmung von an Demenz erkrankten Menschen positiv.
Kulturelle Aktivitäten bieten Menschen mit Demenz auch die Chance, sich auf nicht-sprachliche Weise auszudrücken, kreativ zu werden und gänzlich neue Erfahrungen zu machen. Die Entdeckung von neuen Ausdrucksformen, etwa bei einem Malkurs, löst Erinnerungen und Neugier aus. Dabei können die Betroffenen zutiefst schöpferisch sein, jenseits von kognitiven Ansprüchen. Nicht selten ist das für sie eine sehr wohltuende und befriedigende Erfahrung.
Auch Musik ist ein Medium, das bei Menschen mit Demenz unabhängig von sprachlichen Fähigkeiten funktioniert. Gemeinsam Musik zu hören oder zu musizieren vermittelt ihnen ein Gefühl der Dazugehörigkeit und berührt das emotionale Empfinden. Musik kann auch ein Schlüssel zur Erinnerung sein und die Betroffenen sowohl aktivieren als auch entspannen.
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