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Personzentriert

Den Patienten nicht nur als Träger einer Diagnose, sondern als einzigartigen Menschen wahrnehmen und pflegen: Dieses Ziel verfolgt die personzentrierte Pflege.

Durch den Alterungsprozess werden Menschen häufig in eine Schublade gesteckt. In der Folge werden sie dementsprechend behandelt, obwohl sie Personen sind, die ihre individuellen Möglichkeiten zum Wohle aller in unsere Gesellschaft eingebracht haben. Zum Alter können körperliche und psychische Erkrankungen hinzukommen und dann vielleicht auch noch Demenz.

Menschen mit Demenz passen in der Gesellschaft nicht in unser Bild von Normalität . Als betroffener Angehöriger verknüpfen wir sehr schnell die Symptome des Krankheitsbildes mit Angst und Scham. Es besteht die Gefahr, dass Menschen mit Demenz auf ihre Defizite reduziert werden, und ihre Ressourcen dabei vergessen werden. Aber wo bleibt der Mensch? Wo bleibt die Person mit Demenz?

Die Ursprünge in der Psychotherapie

Eine personzentrierte Perspektive nimmt die ganze Person in den Blick. Der Ansatz wird meist mit dem Sozialpsychologen Tom Kitwood (1937 – 1998) in Verbindung gebracht und in der aktivierenden Pflege von Menschen mit Demenz verortet. Jedoch hat der Ansatz seine Wurzeln in der Psychotherapie. Der US-amerikanische Psychologe Carl Rogers (1902 – 1987) brachte in den 1940er Jahren die Klientenzentrierte Gesprächstherapie auf den Weg. In seiner Arbeit erkannte er, dass das sorgsame Zuhören und das Spiegeln von Gefühlen und Gemütszuständen eine zentrale Rolle in der Therapie spielen.  

Rogers formulierte: Eine »definierte« Beziehung ist an bestimmte Bedingungen gebunden, die Beratende durch

  • Kongruenz (Authentizität, Echtheit),
  • unbedingte Wertschätzung,
  • empathisches Verstehen

herstellen.  Diese Haltung sollte zumindest im Ansatz von den Klient:innen wahrgenommen werden können. Dann ist der oder die andere in der Lage, sich seinen / ihren emotionalen Einstellungen, Bewertungen, Wünschen und Zielen zuzuwenden. Tom Kitwood hat sich an den Arbeiten von Rogers orientiert und den Ansatz in den 1980er-Jahren auf die Arbeit mit Menschen mit Demenz übertragen. Zuvor hatte er über Jahre hinweg mit seinem Forschungsteam an Demenz erkrankte Personen in englischen Heimen beobachtet und dies wissenschaftlich ausgewertet.

Carl Rogers wie auch Tom Kitwood sehen die betroffene Person als Experte für ihr ERLEBEN.

Die formulierten Grundbedingungen – Echtheit, Wertschätzung und Empathie – übernimmt Tom Kitwood in sein Konzept des Person-zentrierten Ansatzes im Umgang mit Menschen mit Demenz.

Tom Kitwoods Grundsätze

Das Gehirn ist ein außergewöhnlich komplexes Organ. Die Hingabe der Forschenden auf verschiedenen Gebieten ergaben zahlreiche Erkenntnisse und man wird immer wieder neue Erkenntnisse dazu gewinnen. Es ist wichtig ein Muster zu haben, um die Aufmerksamkeit auf spezielle Probleme zu richten. Tom Kitwood kritisiert das Standardparadigma, dass Demenz als organisch bedingte psychische Erkrankung angesehen wird.

Tom Kitwoods Leitgedanke ist: Mitmenschen so zu behandeln, wie man selbst gerne behandelt werden möchte.

Personzentrierte Umgangsformen bei Demenz

  • Anerkennen: Als Mann und Frau anerkennen; mit Namen begrüßen (Blickkontakt, Händedruck); ich werde gesehen.
  • Verhandeln: Nach Bedürfnissen, Vorlieben, Wünschen fragen und diese anerkennen.
  • Zusammenarbeiten: Aktivitäten nicht an, sondern mit der Person machen; eigene Fähigkeiten nutzen.
  • Spielen: Gelegenheit geben für Spontanität und Selbstausdruck.
  • Timalation (Ehrung): Eine Person über verschiedene Sinneskanäle ansprechen und ihr signalisieren, dass sie wahrgenommen wird; durch Nasale Stimulation, Snoezelen, Begegnung mit Tieren.
  • Feiern: Trennung zwischen Mitarbeitenden und Menschen mit Demenz aufheben; bei geselliger Stimmung ein Gefühl der Nähe und Gleichheit zwischen Betreuten und Betreuer erleben lassen.
  • Entspannen: Menschen mit Demenz haben ein ausgeprägtes soziales Bedürfnis; sie können besser entspannen, wenn jemand in der Nähe ist.
  • Validation: Anerkennen der Emotionen und Gefühle einer Person; Antworten auf der Gefühlsebene; Wertschätzung.
  • Halten: Einen sicheren Ort bieten, Trösten.
  • Erleichtern: Interaktion in Gang bringen; Helfen, der Aktivität schrittweise Bedeutung zu geben.
  • Schöpferisch sein: Menschen mit Demenz haben plötzlich Fähigkeiten und soziale Fertigkeiten; Singen, tanzen, malen, Musik machen.
  • Geben: Person mit Demenz bringt Besorgnis oder Zuneigung zum Ausdruck, Betreuende bietet Hilfen an oder machen ein Geschenk.

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Die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz

Menschen mit Demenz haben dieselben Bedürfnisse wie alle anderen Menschen auch:

  • Teilnehmen an den Aktivtäten des täglichen Lebens
  • Sich sicher fühlen
  • Orientiert sein
  • Sich trotz Demenz kompetent fühlen
  • Abwechslung, Anregung haben
  • Autonomie (eigene Entscheidungen treffen können)
  • Soziale Kontakte

Tom Kitwood bringt das »Bedürfen« deutlich auf den Punkt: »Ein Mensch ohne Befriedigung seiner Bedürfnisse kann nicht einmal minimal als Person funktionieren: Es gibt nur ein allumfassendes Bedürfnis, nämlich das nach Liebe

Diese Ansicht vertritt auch die Demenzexpertin und Pflegerin Frena Gray Davidson auf der Grundlage ihrer Erfahrungen als Pflegeperson. Sie stellte fest, dass Menschen mit Demenz oft ein unverhülltes kindliches Verlangen nach Liebe zeigen. Unter Liebe versteht sie eine großzügige, verzeihende und bedingungslose Annahme, ein emotionales Geben von ganzem Herzen, ohne die Erwartung nach einer direkten Belohnung.

Zur Autorin dieses Artikels

Ruth Wetzel ist gerontopsychiatrische Fachkraft, Pflegerin, Altentherapeutin und Autorin. Sie ist freiberuflich tätig als Dozentin und Referentin mit dem Schwerpunkt Demenz. Ihr Buch ≫Was mit Demenz noch alles geht – personzentrierte Aktivierung Schritt für Schritt≪ ist 2021 im Reinhardt Verlag erschienen.

Wie man auf menschliche Bedürfnisse eingehen kann

  • Gewohnte Tagesstruktur gemeinsam leben
  • Bekannte Räume geben Sicherheit und Geborgenheit
  • Kontakte mit verständnisvollen Menschen
  • Peron-zentrierte Beschäftigung anbieten (Achtung: nicht überfordern! Kurze Zeitspannen, »gemeinsame« Pausen sind wichtig)
  • Freude, Glücksmomente erleben lassen

> Hier geht’s zum Buch von Ruth Wetzel (Autorin dieses Beitrags): Was mit Demenz noch alles geht – Personzentrierte Aktivierung Schritt für Schritt, Reinhardt, 2021.

> Hier geht’s zum Buch von Tom Kitwood: Demenz – der person-zentrierte Ansatz im Umgang mit verwirrten, kognitiv beeinträchtigten Menschen; Hogrefe; 2022.

> Helen Sanderson, Gill Bailey: Praxishandbuch person-zentrierte Pflege; Hogrefe, 2015.

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