Vorsorgevollmacht
Wer entscheidet für uns, wenn wir es selber nicht mehr können? Am besten definieren wir in einer Vorsorgevollmacht oder einem Vorsorgeauftrag eine oder mehrere Personen. Sonst entscheiden Gerichte über unser Schicksal.
Mit einer Vorsorgevollmacht (Deutschland, Österreich) oder einem Vorsorgeauftrag (Schweiz) benennt der Vollmachtgeber einen Stellvertreter, der im Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit Aufgaben für ihn erledigt. Der Vollmachtgeber legt fest, in welchen Bereichen der Bevollmächtigte ihn bei Behörden, vor Gericht, in Vermögensfragen, Wohnungsangelegenheiten oder medizinischen Fragen vertreten darf.
Als Stellvertreter dürfen nur volljährige und geschäftsfähige Personen agieren. Es können aber auch mehrere Bevollmächtigte ernannt werden, entweder in Form einer Ersatzvollmacht oder als Doppelvollmacht, bei der sich beide Benannten kontrollieren. Auch die Benennung von mehreren Bevollmächtigten für einzelne Bereiche ist möglich, etwa einer geeigneten Person für finanzielle Angelegenheit und einer anderen, die sich um medizinische Belange kümmert.
Manchmal braucht es trotzdem einen Richter
Nicht alleine entscheiden dürfen Bevollmächtigte über eine geschlossene Unterbringung oder andere freiheitsentziehende Massnahmen; ebenso nicht über die Einwilligung in Behandlungen, die als gefährlich gelten. Diese Fälle bedürfen einer vorherigen richterlichen Genehmigung.
Trotz dieser Befugnisbeschränkung sollte sich der Vollmachtgeber intensiv mit der Auswahl seiner Stellvertreter auseinandersetzen. Weil sie im Gegensatz zu gesetzlich bestellten Betreuern kaum einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen und über eine starke Rechtsposition verfügen, sollten nur Bevollmächtigte benannt werden, denen der Vollmachtgeber völlig vertraut.
Vorab sollte der Vollmachtgeber mit seinem Stellvertreter klären, wie dieser für ihn künftig entscheiden soll. Sinnvoll ist auch die Information und Beratung bei anerkannten Betreuungsvereinen, einer Seniorenberatungsstelle oder einem Rechtsanwalt. Die Vollmacht kann jederzeit geändert oder widerrufen werden, etwa wenn ein Bevollmächtigter seine Aufgabe aus Gesundheitsgründen nicht mehr ausführen kann.
➔ Hier geht’s zu einer Reihe von Artikeln über Selbst- und Fremdbestimmung
Formelle Vorgaben und Gültigkeit
Grundsätzlich lässt sich die Vorsorgevollmacht mit einer guten Vorlage selbst erstellen. Vorgefertigte Formulare gibt es in Deutschland zum Beispiel beim Bundesjustizministerium.
➔ Broschüre «Betreuungsrecht» des Bundesjustizministeriums, die diese Formulare enthält
➔ Informationsblatt «Vorsorgevollmacht» der Deutschen Alzheimer Gesellschaft
Sowohl der Vollmachtgeber als auch der Bevollmächtigte unterschreiben das Dokument. In Deutschland ist eine notarielle Beglaubigung nicht nötig, wird aber empfohlen und ist zwingend geboten, wenn der Vollmachtgeber Immobilien oder ein Unternehmen besitzt oder der Bevollmächtigte Bankgeschäfte tätigen soll. Auch manche Betreuungsbehörden können das Dokument beglaubigen, übrigens kostengünstiger als Notare.
In der Schweiz muss der Vorsorgeauftrag nach der Belehrung über die Rechtsfolgen persönlich und schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder dem Erwachsenenschutzverein erteilt werden. In Österreich muss die Vollmacht handschriftlich verfasst und unterschrieben sein. Eine notarielle Beglaubigung ist nötig, wenn der Bevollmächtigte weitgehende Befugnisse erhält, etwa hinsichtlich umfangreicher Vermögensangelegenheiten oder der dauernden Änderung des Wohnorts.
➔ Hier gibt es Details zu den Regelungen in der Schweiz
➔ Hier finden Sie Details zu den Regelungen in Österreich
Die Vollmacht tritt erst in Kraft, wenn ein Arzt die Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers festgestellt hat. Um sich zu legitimieren, muss der Bevollmächtigte das Original der Vollmacht vorlegen, eine Kopie reicht nicht aus. Deshalb ist es wichtig, dass der Vollmachtgeber das Dokument an einem sicheren Ort aufbewahrt, der dem Bevollmächtigten bekannt und zugänglich ist und im Notfall rasch aufgefunden werden kann. Hilfreich ist auch ein Hinweis auf die Vollmacht in den persönlichen Papieren des Vollmachtgebers.
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Vorsorgevollmacht und Demenz
Liegt bei einsetzender Demenz noch keine Vollmacht vor, sollte sich der Betroffene vom Hausarzt bestätigen lassen, dass seine Geschäftsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt ist. Dann kann ein Vorsorgeauftrag aufgesetzt und rechtsgültig unterschrieben werden. Allerdings ist zu bedenken, dass Menschen mit Demenz ihre Erkrankung oft über lange Zeit nicht wahrhaben wollen oder sie vor Angehörigen vertuschen.
Wenn die Urteilsfähigkeit nicht mehr gegeben ist, ist es zu spät für einen Vorsorgeauftrag. In diesem Fall bestimmt das zuständige Gericht (in der Schweiz die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde) einen gesetzlichen Betreuer. Dieser wird meist im familiären Umfeld gesucht. Wenn keine geeignete Person zur Verfügung steht, wird ein Berufsbetreuer eingesetzt, der den Betroffenen und dessen Wünsche häufig nicht persönlich kennt.
Damit wird es für ihn schwierig, gemäss dem mutmasslichen Willen und den Interessen des Demenzkranken zu entscheiden. Dieses Problem ergibt sich auch für Angehörige, denn auch sie beziehen sich bei Entscheidungen oft auf Einstellungen und Wünsche, die der Betroffene vor seiner Erkrankung hatte. Zum Beispiel verweisen Angehörige darauf, dass der Patient Schulmedizin früher strikt abgelehnt hat und entscheiden sich deshalb gegen die Gabe von Medikamenten, die ihm in seinem jetzigen Befinden guttun würden.
Die Rolle als Stellvertreter eines Menschen mit Demenz ist ohne Einfühlungsvermögen in seine aktuellen Bedürfnisse nur unzulänglich zu erfüllen. Und nicht alles, was rechtlich zulässig ist, ist auch moralisch.
ARD-Sendung Ratgeber Recht
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