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Vergesslichkeit

Mit Vergesslichkeit schützt sich das Hirn vor Überlastung. Doch wann wird das Vergessen krankhaft und weist auf eine Demenz hin?

Mit Vergesslichkeit verbinden viele Menschen die Diagnose Demenz. Doch nicht jeder, der vergesslich ist, hat eine Demenz. Vergesslichkeit gehört zum Leben, auch bei jüngeren Menschen. Sie ist ein notwendiger Mechanismus des Gehirns, um sich vor einer Überforderung zu schützen. 

Jede unserer 100 Milliarden Hirnzellen ist über Nervenbahnen und Synapsen mit bis zu 10’000 anderen Hirnzellen verbunden. Wenn wir einen Menschen kennenlernen, merkt sich das Gehirn über die Sinnesorgane sein Gesicht, seinen Namen, seine Stimme und vieles mehr, indem es zwischen Hirnzellen eine elektrische Aktivität auslöst. Treffen wir dann wieder auf diese Person, entsteht das musterartige Zusammenspiel von neuem: Wir erkennen die Person. Je öfter wir diese Person treffen, desto stärker prägt sich das Zusammenspiel ein. Und desto besser erinnern wir uns an sie.

Die heutige Wissenschaft geht von drei Modellen des Gedächtnisses aus: dem Ultrakurzzeitgedächtnis, dem Kurzzeitgedächtnis und dem Langzeitgedächtnis. Am Anfang steht das Ultrakurzzeitgedächtnis. Dort wird jede über die Sinne eintreffende neue Information für maximal zwei Sekunden abgespeichert. Das ermöglicht uns zum Beispiel, einen Schritt vor den anderen zu setzen – weil wir den Schritt zuvor erinnern können und damit den Untergrund unter unseren Füssen. 

Etwas länger, aber ebenfalls zeitlich begrenzt (bis zu 20 Minuten) speichert das Kurzzeitgedächtnis Informationen ab. Das ermöglicht uns komplexere Tätigkeiten, zum Beispiel den Einkauf im Supermarkt oder die Konversation mit einem Unbekannten. Erst wenn die Information als wichtig bewertet wird, wandert sie ins Langzeitgedächtnis. Passiert das nicht, verblasst sie allmählich: Das Vergessen beginnt. 

Vergessen schafft Platz für Neues

Für die kanadischen Hirnforscher Paul Frankland und Blake Richards von der University of Toronto ist Vergesslichkeit ein Zeichen von Intelligenz. Sie bestimmt den Forschern zufolge, wie gut wir darin sind, sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Ihre Aussagen stützen sich auf eine Studie, die im Fachmagazin «Neuron» veröffentlicht wurde.

Demnach können sich Menschen schneller an neue Situationen anpassen, wenn sie Nebensächliches aus der Erinnerung «löschen». Wer sich nicht jedes Detail aus der Vergangenheit einprägt, tritt demnach neuen Erfahrungen leichter entgegen und kann so bessere Entscheidungen treffen.

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Das grosse Orchester der Gehirnzellen

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Mit dem Alter arbeitet das Hirn langsamer

Wer ab und zu etwas vergisst, muss sich erst einmal keine Sorgen machen. Ebenfalls normal ist ein Verlust der Gedächtnisleistung im Alter. Mit den Jahren verlangsamen sich auch die Prozesse, mit deren Hilfe das Gehirn neue Sinnesimpulse speichert. Die beteiligten Gehirnzellen übertragen die Informationen dann langsamer, die Merkfähigkeit lässt nach. All das ist zunächst kein Hinweis auf eine Demenz. Häufen sich jedoch solche Erinnerungslücken, kann dies auf eine verminderte Gedächtnisleistung hindeuten, die über die «harmlose» Vergesslichkeit hinausgeht. 

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Vergesslichkeit ist eine Begleiterscheinung etlicher Erkrankungen:

  • Demenz
  • Hirnhautentzündung
  • Gehirnentzündung
  • Chronic Fatigue Syndrome (auch: Chronisches Erschöpfungssyndrom) 
  • Schilddrüsenerkrankungen (Über- und Unterfunktion)
  • Versagen von Nieren oder Leber 
  • Schwere Herzschwäche
  • Ausgeprägte Blutarmut
  • Epilepsie
  • Hirntrauma
  • Psychische Störungen (Depression, Angststörung)

Weitere Ursachen können sein: Alkoholmissbrauch, Krebstherapien (vor allem Chemotherapie), Beruhigungsmittel, Stress, Schlafstörungen, Müdigkeit, Erschöpfung, Flüssigkeitsmangel (vor allem bei Älteren).

Wenn Vergesslichkeit krankhaft wird und auf eine Demenz hinweist

Veränderungen in der Gedächtnisleistung, die auch für Dritte bemerkbar sind und länger als ein halbes Jahr anhalten, sind Alarmzeichen und gehören ärztlich abgeklärt. Solche Warnsignale können sein:

  • Alltägliche Wörter und Begriffe fallen einem nicht mehr ein.
  • Namen, Termine, Passwörter verschwinden aus dem Gedächtnis.
  • Mitmenschen machen einen darauf aufmerksam, dass man dieselbe Geschichte schon mehrfach innerhalb von kurzer Zeit erzählt hat.
  • Alltagsgegenstände (Schlüssel, Brille, Fernbedienung) werden verlegt und eventuell nicht wiedergefunden.
  • Alltagshandlungen (Essen kochen, Einkaufen, Glühbirne wechseln) fallen schwerer oder werden nur in Teilen ausgeführt. 
  • An bekannten Orten stellt sich das Gefühl von Fremdheit ein, man kennt sich nicht mehr aus.
  • Man hat Schwierigkeiten, sich an Dinge zu erinnern, die erst wenige Minuten zurückliegen.
  • Man fühlt sich antriebslos und zieht sich zurück.
  • Man hat das Bedürfnis, die Gedächtnislücken zu verheimlichen.
Diagnose

Wer über mehrere Wochen verdächtige Symptome hat, sollte zum Arzt gehen. Die genaue Untersuchung sollten Spezialisten machen, denn Schnelltests beim … weiterlesen

Vermutet der Arzt im Diagnosegespräch eine Demenz, helfen neuropsychologische Tests bei der Erstabklärung. Besonders bekannt ist der Uhrentest. Dabei legt der Arzt ein Blatt Papier mit einem leeren Kreis darauf vor. In diesen Kreis sollen die Ziffern einer Uhr sowie der Stunden- und Minutenzeiger eingezeichnet werden, und zwar so, dass sie eine bestimmte Uhrzeit anzeigen.

Menschen mit einer Demenz gelingt dies oft nicht. Gleichermassen als Schnell-Screening-Verfahren etabliert ist der Mini-Mental-Status-Test (MMST). Hierbei wird der Betroffene in Interviewform über verschiedene kognitive Aspekte befragt, unter anderem Merkfähigkeit von Wörtern und Bildern sowie das Kopfrechnen.

Der Uhrentest wie der MMST erlauben erste Schlüsse auf mögliche kognitive Einschränkungen, sind aber nicht zuverlässig und genau genug. Als alleiniges Testverfahren reichen sie nicht aus. Bei positivem Erstbefund folgen deshalb in der Regel weitere Tests zur diagnostischen Absicherung.

Prävention

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Wie man Vergesslichkeit und Demenz vorbeugen kann

Der Verlust von Nervenzellen im Gehirn infolge einer Demenzerkrankung lässt sich nach heutigem Wissensstand nicht aufhalten oder therapieren. Jedoch gelten ein gesunder Lebensstil (gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf, regelmässige Bewegung) und Formen des Gedächtnistrainings als vorbeugende Massnahmen, um die Leistungsfähigkeit des Gehirns so lange wie möglich zu erhalten.

Gibt es Schlüssel für lebenslange Aktivität und Gesundheit? Der US-amerikanische Epidemiologe David Snowdon hatte über viele Jahre fast 700 Nonnen neuropsychologisch auf Demenz getestet und bei den verstorbenen Frauen die Gehirne untersucht. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass viele Ordensschwestern mit zunehmendem Alter zwar auch Plaques im Hirn hatten, aber nur sehr wenige an Demenz erkrankt waren. 

Schlüssige Antworten, wie man den geistigen Abbau und eine Demenz vermeiden kann, gibt es aber nicht. Aber es gibt Wege, das Demenzrisiko zu vermindern.

Nonnenstudie

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Damit senkst du das Risiko, an einer Demenz zu erkranken:

  • Bewege dich regelmässig, treibe Sport.
  • Bleibe offen und lerne immer wieder etwas Neues.
  • Ernähre dich gesund, vermeide Übergewicht.
  • Nimm am sozialen Leben teil, pflege Freundschaften.
  • Konsultiere bei depressiven Verstimmungen, Hirnerschütterungen, Kreislaufproblemen oder Hörschwächen einen Arzt.
  • Verzichte aufs Rauchen und konsumiere Alkohol nur moderat.
  • Konsumiere täglich Obst, Gemüse und Kräuter, möglichst frisch und in Bio-Qualität.
  • Sorge für Abwechslung.
  • Verwende Öle mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Raps- oder Olivenöl.
  • Diese Lebensmittel haben einen positiven Einfluss: Beeren (speziell Blaubeeren), Fisch, Bohnen, Blattgemüse, Brokkoli, Kaffee, Leinsamen, Nüsse, Pilze, Quinoa, Süsskartoffeln, Vollkorngetreide, Tee, Avocado.
  • Folgende Gewürze haben einen positiven Einfluss: Kurkuma, Zimt, Nelken, Majoran, Piment, Safran, Muskat.

> Britta Wiegele, Sophia Poulaki, Hilfe, ich werde vergesslich! Was Sie für Ihr Gedächtnis tun können und wie man Demenz erkennt, Reinhardt

> Christoph M. Bamberger, Die 50 besten Vergesslichkeits-Killer, Trias, 2014

> Hier geht’s zur Broschüre (pdf) «Demenz vorbeugen» von Alzheimer Schweiz

Quelle arte/YouTube

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